Richtig ackern fürs Wasser

Kein Wirtschaftszweig ist von der Klimakrise direkt stärker betroffen als die Landwirtschaft. Ausbleibende Niederschläge und Hitze lassen die Böden austrocknen und mit ihnen früher oder später auch alles, was auf ihnen wächst. Starkregen spült nährstoffreiche Bodenschichten vom Feld. Starke Sonneneinstrahlung lässt die Verdunstung aus den Feldern ansteigen und sorgt für Schäden an Pflanzen und Früchten. Je weiter die Klimakrise fortschreitet, um so schwieriger wird es künftig für Landwirt*innen.

Intensive Landwirtschaft verstärkt die Klimakrise. Nach Schätzungen gingen rund 55 Millionen Tonnen Kohlendioxid-Äquivalente 2021 allein auf das Konto der deutschen Landwirtschaft (1). Ihr Anteil an den gesamten Treibhausgas⁠-Emissionen liegt damit bei 7 Prozent in diesem Jahr. Die landwirtschaftliche Nutzung einst nasser Moore, Massentierhaltung sowie das Düngen der Felder sorgen für erhebliche Treibhausgas-Ausstöße.
86 Prozent aller deutschen Moorflächen sind für Land- und Forstwirtschaft trockengelegt worden: Aus CO2-Senken wurden klimaschädliche CO2-Quellen. Bei der Tierhaltung ist vor allem das extrem klimaschädliche Methan relevant für unser Klima. Lachgas entweicht als Folge der Stickstoffdüngung.

Kein Wirtschaftszweig verschmutzt mehr Wasser und gefährdet mehr die Artenvielfalt in Deutschland aktuell als intensive Landwirtschaft. Das Düngen und "Spritzen" von Feldern mit Pflanzenschutzmitteln gegen Schädlinge, Pilze und unerwünschtes Unkraut hat enorme Auswirkungen auf unser Wasser.
Bei Nitrat überschreiten gut 22 Prozent der 1.291 Grundwasserkörper in Deutschland den Schwellenwert von 50 mg je Liter (2). In Gebieten mit ausgeprägter Landwirtschaft wird der Grenzwert an jeder vierten Messstelle überschritten - in der Spitze mit mehr als 700 Prozent des erlaubten Werts (3). Als Gülle und Mist ausgebrachter Dünger bringt Keime, aber auch ausgeschiedene Antibiotika auf die Felder. Als Dünger ausgebrachte Klärschlämme enthalten giftige Chemikalien und Schwermetalle.
Allein im Jahr 2021 wurden rund 86.000 Tonnen Pflanzenschutzmittel auf Deutschlands Feldern verteilt, davon 29.000 Tonnen reiner Wirkstoff (4). Aktuell sind 283 verschiedene Wirkstoffe in Deutschland zugelassen (5). Davon treten viele kombiniert auf und belasten zeitgleich unsere Ökosysteme.

Agroforst statt "agro first"

Alleen, Streuobstwiesen, Wälder und Felder, Hecken und Weideland. Dazwischen der eine oder andere Teich oder Bach: Die Kulturlandschaft Mitteleuropas war lange strukturreich und vielfältig geprägt. Doch im letzten Jahrhundert verschwanden immer mehr Hecken, Gehölze und lockere Baumgruppen zugunsten immer größerer Ackerflächen. Moore wurden entwässert, um möglichst viel Ackerland zu gewinnen, Felder sind über Entwässerungssysteme trocken gelegt worden.

Heute werden die Folgen dieses Umbaus wie unter einem Brennglas sichtbar:

  • Winde trocknen die riesigen offenen Flächen aus und tragen die feine und wertvolle humose Bodenschicht ab.
  • Die offenen Flächen heizen sich in Hitzeperioden extrem auf.
  • Je trockener die Böden sind, um so weniger Wasser können sie aufnehmen. Selbst wenn es regnet, herrscht im Boden Dürre.
  • Starkregen kann kaum von den Böden aufgenommen werden. Rasch fließt das Wasser ab und nimmt die nährstoffreiche Schicht mit.
  • Viele Insekten und Kleintiere sind verschwunden, weil sie keinen Lebensraum mehr finden.

Statt "Agro first" heißt es heute vielerorts wieder Agroforst: Den Folgen einer ausgeräumten Landschaft in der fortschreitenden Klima- und Wasserkrise wird mit einer Rückbesinnung auf strukturrreiche Hecken, Gehölze und Bäume an und auf Feldern begegnet. Mit Erfolg!

  • Lebensräume für Insekten entstehen (wieder), die für die Bestäubung der Pflanzen auf dem Feld unerlässlich sind.
  • Der Boden wird vor Erosion geschützt, da der Wind durch die Gehölze abgebremst wird. Auch oberflächlich abfließender Starkregen wird gebremst und Verluste wertvollen Bodens verhindert.
  • Durch die Verdunstung aus Gehölzen bildet sich ein Mikroklima, das sich günstig auf das Pflanzenwachstum auswirkt.
  • Verrottendes Laub erhöht den Humusanteil der Böden ganz natürlich und fördert das Bodenleben.
  • Schatten spendende Pflanzen dienen Hühnern, Kühen und Ziegen als Sonnenschutz.
  • Der Boden trocknet im Schatten größerer Gehölze langsamer aus und kann das immer knapper werdende Wasser besser halten.
  • Mit Obst- und Nussbäumen bzw. Energieholz erschließt sich eine weitere Einnahmequelle insbesondere für ertragsschwache Standorte.

Es profitieren Landwirt*innen, Umwelt, Wasser und Klima.

Um Konkurrenzen um Licht, Nährstoffe, Wasser und Raum zwischen den Gehölzen und den kultivierten Ackerpflanzen zu vermeiden, braucht es allerdings eine auf den Standort ausgerichtete und sorgfältige Planung sowie die professionelle Bewirtschaftung des Agroforstsystems (6).

Politik muss handeln

  • Statt pauschaler Flächenprämien (ein Grund für größere Agrarstrukturen, spezialisierten Anbau) eine Bewirtschaftung belohnen (Förderung), die gesellschaftliche Leistungen für Gewässer- und Umweltschutz (reduzierter Düngereinsatz), Biodiversität & Klima (Zwischenfruchtfolgen), Böden (ständige Bodenbedeckung, Gründüngung), Tierschutz (weniger Tiere auf engstem Raum) und für die Pflege der Kulturlandschaft (Agroforst) erbringt.
  • Spielräume nutzen bei Zulassung bzw. Verbot von Pestiziden und bei der Regelung von zulässigen Ausbringungsmengen.
  • Bewachsene Gewässerrandstreifen als natürlicher Schutz gegen Einträge in Gewässer absichern. Für einen effektiven Schutz der Gewässer ist ein Randstreifen ca. 20 Meter breit.
  • Abgabe auf den Kauf von Lebensmitteln tierischen Ursprungs erheben bzw. Mehrwertsteuer darauf erhöhen. Dafür könnten die Kosten für Verbraucher*innen für umweltentlastendere Lebensmittel gesenkt werden (z.B. niedrigere Mehrwertsteuer auf Obst & Gemüse).
  • Flächengebundene Tierhaltung unter Berücksichtigung des regionalen, überbetrieblichen Nährstoffmanagements, um die Belastungen von Klima und Wasser durch Massentierhaltung zu verringern.
  • Handel zu geringeren Vorgaben zu Aussehen und Größe von Obst und Gemüse führen. Die aktuellen anspruchsvollen Vorgaben gehen auf Kosten der Umwelt (Verschmutzungen durch Pflanzenschutz- und Düngemittel sowie vermehrte Bewässerung).

Was ich tun kann

  • Kaufe bei Landwirt*innen, die umweltverträglich wirtschaften.
  • Kaufe saisonales, möglichst regionales und nachhaltig erzeugtes Obst & Gemüse.
  • Engagiere Dich in einer Solidarischen Landwirtschaft.
  • Setze Dich für eine nachhaltige Landwirtschaft ein: Unterschreibe Petitionen oder gehe auf Demonstrationen.

 

Themensammlung: Wasserkrise in Deutschland

In unserer umfangreichen Themensammlung zum Thema Wasser finden sich weitere und vertiefende Informationen.
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Veröffentlichungen