Seen und Teiche in Not
Währenddessen wir noch um eine Begrenzung der globalen Erderwärmung um 1,5 Grad ringen, haben viele Seen in Deutschland die 2-Grad-Marke bereits geknackt (1). In Kombination mit den bereits seit längerer Zeit bestehenden Belastungen durch Dünger, Pestizide und Schadstoffe sowie menschliche Nutzung (Schifffahrt, Wasserentnahmen, aber auch Baden) geraten sie noch stärker unter Druck.
H2O ohne O
Mindestens 4 Milligramm Sauerstoff pro Liter benötigen Fische, um in einem Gewässer leben zu können.
Doch Sauerstoff wird knapp in unseren Seen und Teichen, vor allem an heißen Tagen: Je wärmer unsere Gewässer werden, um so weniger Sauerstoff können diese aufnehmen. So sank in den letzten 40 Jahren der Sauerstoffgehalt in Seen durchschnittlich um rund 6 Prozent an der Oberfläche und 19 Prozent im Tiefenwasser (2) mit fatalen Folgen für das Ökosystem:
- Die Klimakrise wird zur Krise der Artenvielfalt: Sterben Fische, wird das hochempfindliche Gleichgewicht in einem See gestört, denn Fische nehmen verschiedene Positionen in der Artengemeinschaft ein: Sie sind Räuber, Beute für andere Tiere oder fressen Algen und abgestorbene Pflanzenreste. Fehlen sie, hat das Auswirkungen auf andere Arten: Einige können sich stärker ausbreiten, weil sie nicht mehr gefressen werden. Anderen fehlt Nahrung.
Auch andere Lebewesen wie etwa Schnecken benötigen Sauerstoff. Ohne Sauerstoff können nur noch Mikroorganismen überleben (3). - Die Klimakrise wird zur Wasserkrise, denn mit abnehmendem Sauerstoffgehalt sinkt auch die Wasserqualität. Je sauerstoffärmer das Wasser in Bodennähe, um so mehr Phosphor löst sich aus dem Grund. Dieser "düngt" das Wasser und lässt Algen verstärkt wachsen (interne Eutrophierung).
So können sich etwa Blaualgen besser vermehren, die bei Badenden Hautreizungen, Übelkeit, Durchfall oder Atemnot auslösen können und für Fische giftig sind. - Die Wasserkrise verstärkt die Klimakrise: In sauerstoffarmen Gewässern können sich Bakterien verstärkt vermehren, die Methan produzieren und damit die Klimakrise weiter befeuern.
Der wachsende Temperaturunterschied zwischen dem sich stark erwärmenden Oberflächenwasser und dem kühlen Wasser am Grund (Tiefenwasser) erschwert den Austausch zwischen beiden Schichten immer weiter. Das hat zur Folge, dass der Sauerstoff aus dem warmen Oberflächenwasser immer seltener in tiefere Schichten gelangt. Es herrscht immer öfter Sauerstoffmangel am Grund. Zunehmend lebensfeindliche Bedingungen für Fische sind die Folge, die im Tiefenwasser leben bzw. sich dahin zurückziehen, um der zunehmenden Wärme im Oberflächenwasser zu entkommen und nun auch hier keinen Rückzugsort mehr finden.
Mehr warme und sonnige Tage lassen vermehrt Algen wachsen. Nährstoffeinträge aus der Landwirtschaft begünstigen dieses Wachstum zusätzlich. Als Teil der Nahrungskette im See und Sauerstoffproduzenten gehören Algen zum Ökosystem. Doch je mehr an der Oberfläche gedeihen, um so mehr sinken später abgestorben zu Boden, wo bei ihrer Zersetzung immer mehr Sauerstoff im Tiefenwasser verbraucht wird. Ein weiterer Faktor für Sauerstoffarmut in tiefem Wasser.
Der Große Stechlin ist mit 425 Hektar Größe und bis zu 69 Metern Tiefe einer der größten und bedeutendsten Seen in Norddeutschland. Seit etwa 10 Jahren weist er in der Tiefe eine immer größer werdende sauerstofffreie Zone auf, wo kein Tier mehr überleben kann.
(Foto: Karsten Majok; Lizenz: CC BY-SA 4.0)
Vom See zur „Brühe“
Längere und häufigere Hitzeperioden in Folge der Klimakrise führen zu einer höheren Verdunstung aus Seen und Teichen. Die Wasserstände sinken ab, insbesondere wenn Niederschläge ausbleiben. Wasserentnahmen - etwa zum Gießen des Gartens in heißen Tagen - verstärken den Trend.
In weniger Wasser konzentrieren sich Nährstoffe und Pflanzenschutzmittel, die über Felder benachbarter Landwirtschaft ins Wasser gelangen, aber auch Schadstoffe und Mikroplastik aus Industrie und Verkehr.
Starkregen spült teils enorme Mengen Dünger, Pestizide und Schadstoffe, wertvollen Boden sowie organisches Material in Gewässer.
Beide Extreme - "zu nass" und "zu trocken" - verstärken den Druck auf die Lebenräume im Wasser erheblich. Vor allem stehende Gewässer sind bedroht, da die Lebensräume geschlossen sind - ein Ausweichen ist nicht bzw. kaum möglich.
Alle Flüsse, Seen, Küstengewässer und das Grundwasser müssen bis 2027 in einen "guten Zustand" gebracht werden. Das sieht die Wasserrahmenrichtlinie vor. Davon sind wir weit entfernt. Die Klimakrise verstärkt die Probleme.
(Foto: Christian Fischer, Lizenz: CC BY-SA 3.0)
Binnengewässer: Quelle klimawirksamer Gase
Gewässer leiden nicht nur erheblich unter den Folgen der globalen Erwärmung.
Durch die Klimakrise werden Prozesse in unseren Gewässern in Gang gesetzt, die die Erwärmung zusätzlich befeuern.
- Mit jedem weiteren Grad Temperaturanstieg geben Binnengewässer zwischen 6 und 20 Prozent mehr Methan ab (4). Methan ist ein extrem klimawirksames Gas, das 25-mal klimawirksamer als Kohlendioxid ist.
- Die sich in heißen und trockenen Sommern explosionsartig vermehrenden Blaualgen produzieren neben Giften auch Methan (5).
- Trocken gefallene Seen und Flüsse setzen Kohlendioxid frei (6).
Politik muss handeln
- Aquatische Ökosysteme haben einen inhärenten Wert, den es zu schützen gilt! Klimakrise, Biodiversitätskrise & Wasserkrise gehören zusammen und müssen künftig zusammen gedacht werden.
- Grundlegender Schutz unserer Gewässer sowie des Grundwassers vor Übernutzung, Verschmutzung und Folgen der Klimakrise, der durch ein regelmäßiges und umfassendes Monitoring überwacht wird.
- Wasserentnahmekonzepte gemeinsam mit der Bevölkerung entwickeln und deren Umsetzung kontrollieren.
Was ich tun kann
- Finde über die App eyeonwater heraus, was die Farbe eines Gewässers über die Klimakrise erzählt.
- Brot ist weder für Tiere noch für unsere Gewässer gut: Verzichte auf das Füttern von Enten!
- Bade mit gut eingezogener, mineralischer Sonnencreme.
Themensammlung: Wasserkrise in Deutschland
In unserer umfangreichen Themensammlung zum Thema Wasser finden sich weitere und vertiefende Informationen.
Jetzt informieren und aktiv werden!