STATION 4: Ernst Noack - ein jüdischer Kommunist aus Pirna

 Lidde Klingenberg zum Widerstand gegen die Nationalsozialisten

Ernst Noack war Soldat im Ersten Weltkrieg und hatte lange unter den psychischen Folgen zu leiden. Seit 1931 gehörte er der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) und der Roten Hilfe an, deren Rechtsschutz-vertreter er in Pirna war. Außerdem schrieb er Berichte für die kommunistische Zeitung Arbeiterstimme.



Im März 1933 wurde Ernst Noack von einem Gastwirt bei der SA, der Sturmabteilung der NSDAP, als »gefährlicher Kommunist« denunziert. Am 17. März folgte eine Hausdurchsuchung, bei der kommunistische

Zeitungen und Broschüren gefunden wurden. Ernst Noack wurde verhaftet und kam über die Fronfeste in Pirna, Schmiedestraße 8, ins Konzentrationslager Hohnstein, wo er vier Wochen inhaftiert war. Nach seiner Freilassung war Ernst Noack trotzdem weiter in der KPD aktiv, um – anders als die meisten anderen Deutschen – Widerstand zu leisten.

Im Dezember 1933 wurde Ernst Noack erneut mit 18 weiteren KPD-Mitgliedern aus Pirna und Umgebung wegen illegaler Fortführung von KPD-Tätigkeiten verhaftet. Er blieb bis Januar 1935 in Haft. Nach der Reichspogromnacht wurde am 11. November 1938 wieder eine Hausdurchsuchung bei ihm durchgeführt.

Ernst Noack Anfang 1939 nach seiner Entlassung aus Buchenwald
Ernst Noack Anfang 1939 nach seiner Entlassung aus Buchenwald

Gesucht wurde »nach Waffen und hetzerischen Schriften« – ohne Ergebnis. Trotzdem wurde er am Tag danach verhaftet – diesmal nicht weil er Kommunist, sondern weil er Jude war.



Wie viele andere Pirnaer Jüdinnen*Juden wurde Ernst Noack über Dresden ins Konzentrationslager Buchenwald gebracht, aus dem er am 8. Dezember 1938 entlassen wurde. Noch vor Kriegsausbruch gelangen

ihm und seiner Frau Ida die Flucht ins britische Mandatsgebiet Palästina. Sie entkamen der Verfolgung und überlebten den Krieg. Nach dem Zweiten Weltkrieg lebten Ernst und Ida Noack in der Bundesrepublik.1

Quelle:

Eingangszitat: Gerda Szepansky: Frauen leisten Widerstand: 1933–1945. 1991, S. 24

1 Hugo Jensch: Als die Nazis die Macht übernahmen. In: www.geschichte-pirna.de, www.gedenkplaetze.info

Verfolgung politisch Andersdenkender und frühe Konzentrationslager

Zu den ersten Opfern der nationalsozialistischen Verfolgung gehörten politische Gegner*innen wie Kommunist*innen, Anarchist*innen, Sozialdemokrat*innen, Gewerkschafter*innen und andere Vertreter*innen der Arbeiter­*­innenbewegung. Sie lehnten die menschenverachtenden Ideen der NationalsozialistInnen ab und kämpften für eine Welt ohne Ausbeutung der Arbeiter*innen und Krieg. Tausende von ihnen wurden von Polizei und SA verhaftet. Ohne Justizurteil wurden sie in ihren Heimatorten in Kellerräumen oder anderen improvisierten Haftstätten, in »Schutzhaftabteilungen« der Polizei- und Justizhaftanstalten sowie in frühen Konzentrationslagern eingesperrt und gefoltert. Die Häftlinge sollten von der Außenwelt isoliert werden, damit das nationalsozialistische System gefestigt werden konnte.

Die frühen Konzentrationslager entstanden mit den ersten Massenverhaftungen von politisch Andersdenkenden, wofür Gefängnisse, Burgen, stillgelegte Fabriken, SA-Kasernen genutzt wurden. Einige dieser Lager bestanden nur wenige Wochen oder Monate. Sie waren Orte der Entrechtung und der absoluten Willkür. Die Häftlinge waren dem gewalttätigen Sadismus der Wachmannschaften

ausgeliefert und mussten Arbeiten ausführen, die nur der Erniedrigung dienten. Die hygienischen Bedingungen und die Ernährung waren schlecht und nicht ausreichend. Anders als die späteren Konzentrationslager unterschieden sich die frühen Konzentrationslager in ihrer Struktur. Keines glich dem anderen.1

In Sachsen existierten über zwanzig dieser frühen Lager. Die vier bedeutendsten befanden sich in Hohnstein, Sachsenburg, Colditz und Zwickau-Osterstein.

Die frühen Konzentrationslager waren ein wichtigstes Mittel der NationalsozialistInnen, um ihre Macht auszubauen und ihre Diktatur zu verfestigen. Die Lager waren Orte des unmittelbaren Terrors gegenüber politischen Gegner*innen und Mittel, um die Bevölkerung einzuschüchtern. Außerdem waren sie Ausbildungsstätte für das Personal und die Infrastruktur in den späteren Konzentrations- und Vernichtungslagern.2

Quellen:

1 www.bundesarchiv.de

2 www.stsg.de

 

Zum Lesen:

AkubiZ beschreibt alle frühen Konzentrations­lager, die in Sachsen existierten:

www.gedenkplaetze.info/fruehe-konzentrationslager

Hans Brenner, Wolfgang Heidrich, Klaus-Dieter Müller, Dietmar Wendler (Hg.): NS-Terror und Verfolgung in Sachsen. Von den Frühen Konzentrationslagern bis zu den Todesmärschen. 2018