STATION 1: Die Bücherverbrennung 1933 in Pirna

In einem Textfeld steht ein Zitat des Augenzeugen Herrmann Paufler zur Bücherverbrennung in Pirna.

Mit der Machtübernahme der NationalsozialistInnen im März 1933 begann die systematische Verfolgung jüdischer, marxistischer, pazifistischer, feministischer und anderer politisch unliebsamer Schriftsteller*innen. Die öffentlichen Bücherverbrennungen waren der Höhepunkt der sogenannten »Aktion wider den undeutschen Geist« am 10. Mai 1933. In Pirna brannten sogar schon zwei Monate früher die Bücher, nämlich am 9. März 1933. Laut Zeitzeug*innenberichten räumten SA-Angehörige die sozialdemokratische Volksbuchhandlung in der Breiten Straße 24 aus, warfen alle Bücher zu einem Haufen zusammen und setzten sie in Brand. Die SA-Angehörigen zerrten KPD- und SPD-Mitglieder aus ihren Wohnungen und zwangen sie, die Bücherverbrennung mitanzusehen. Ein Pfarrer, der dagegen protestierte, wurde verhaftet. In den Tagen und Wochen danach wurde sogenannte »zersetzende« Literatur auch aus den anderen Buchhandlungen und Bibliotheken entfernt.

Die Bücherverbrennungen waren gegen Sozialdemokrat*innen und Kommunist*innen gerichtet und hatten das Ziel, die Arbeiter*innenbewegung zu zerschlagen. Die Zentren und Treffpunkte der Arbeiter*innenbewegung wurden in den ersten Wochen nach der Machtübernahme auch in vielen anderen Städten gestürmt und geplündert – zum Beispiel in Dresden am 8. März 1933. Menschen wurden misshandelt und verhaftet. Vorgefundene Bücher und Aufzeichnungen wurden auf der Straße verbrannt. Diese Aktionen waren Teil des beginnenden nationalsozialistischen Terrors, Andersdenkende und politische Gegner*innen zu verfolgen. Und sie waren ein wichtiger Impuls für die nachfolgende studentische »Aktion wider den undeutschen Geist«1.

Quellen:
Eingangszitat  Hugo Jensch: Pirna unterm Hakenkreuz 1933–1945, S. 15.
1 Hugo Jensch: Pirna unterm Hakenkreuz 1933–1945, S. 15

Bücherverbrennungen im Nationalsozialismus

Die Bücherverbrennung am 10. Mai 1933 war eine Aktion, die von der Deutschen Studentenschaft geplant und durchgeführt wurde. Sie fand in Berlin und in 21 weiteren deutschen Universitätsstädten statt. Die erste Liste von Büchern, die verbrannt werden sollten, umfasste Werke von 131 Schriftstellerinnen und Schriftstellern. Neben kommunistischer, sozialistischer, anarchistischer und pazifistischer Literatur wurden auch die Bücher jüdischer Autor*innen verboten. Die jüdische Literatur wurde zur Unkultur erklärt. Verbrannt wurden damals beispielsweise Bücher von Erich Maria Remarque, Anna Seghers, Franz Kafka, Erich Kästner, Heinrich Heine, Bertolt Brecht, Walter Benjamin und Rosa Luxemburg.1

Erich Kästner war der einzige Schriftsteller, der mit ansah, wie die eigenen Bücher am 10. Mai 1933 in Berlin in die Flammen geworfen wurden.  Er sagte:

»Und im Jahre 1933 wurden meine Bücher in Berlin, auf dem großen Platz neben der Staatsoper, von einem gewissen Herrn Goebbels mit düster feierlichem Pomp verbrannt. Vierundzwanzig deutsche Schriftsteller, die symbolisch für immer ausgetilgt werden sollten, rief er triumphierend bei Namen. Ich war der einzige der Vierundzwanzig, der persönlich erschienen war, um dieser theatralischen Frechheit beizuwohnen.

Ich stand vor der Universität, eingekeilt zwischen Studenten in SA-Uniform, den Blüten der Nation, sah unsere Bücher in die zuckenden Flammen fliegen und hörte die schmalzigen Tiraden des kleinen abgefeimten Lügners.«2

Nach dem 10. Mai 1933 folgten unzählige weitere Bücherverbrennungen. Die Bibliotheken folgten diesem Beispiel und säuberten ihren Bücherbestand nach ausgegebenen Listen. Erst wurden die Autor*innen, deren Werke verbrannt wurden, aussortiert und danach das  Personal ausgetauscht. »Unzuverlässige«, also Jüd*innen, Kommunist*innen und Liberale durften nicht mehr ihrer Arbeit nachgehen. Ab 1935 durften Jüdinnen*Juden Bibliotheken nicht einmal mehr betreten.

Viele Autorinnen und Autoren, die sich der nationalsozialistischen Weltanschauung widersetzten, erhielten in der Folge Arbeits- und Publikationsverbote. Sie verschwanden aus den Bibliotheken und dem Schulunterricht. Sie wurden aus der Öffentlichkeit verbannt. Viele verschwanden tatsächlich auch physisch: Sie wurden in Konzentrationslagern ermordet, wurden ausgebürgert oder zur Flucht ins Exil gezwungen.

Quellen:
1 Volker Weidermann: Das Buch der verbrannten Bücher. 2008
2 Erich Kästner: Bei Durchsicht meiner Bücher. 1946
 

♦ Zum Nachlesen:
Der Pirnaer Verein AKuBiZ hat eine digitale Geschichtskarte erstellt, auf der viele Orte, Hintergründe und lokales Wissen zur Geschichte des Nationalsozialismus in und um Pirna zu finden sind. Die Verbrechen des Nationalsozialismus geschahen vor Ort, inmitten der Städte und Gemeinden. Sie waren vor der eigenen Haustür sichtbar. Gedenkplätze ist ein Dokumentations- und Erinnerungsprojekt an die Zeit des Nationalsozialismus in Sachsen.