Dr. Andreas Steinbach geb. 1958 – promovierter Physiker an der TU Dresden – seit 25 Jahren in Mikroelektronik-Industrie tätig – Bericht über Mangelwirtschaft, schmerzlich empfundene Reisebeschränkungen, Wahlbetrug und Gegen-Aktionen – seit Nov. 1990 Freistellung und zeitweise Arbeitslosigkeit – „Wahlkampf“ mit selbstgeklebten SPD-Plakaten
Beate Mihaly geb. 1944 – Privatisierung und Enteignung des elterlichen Betriebs – Pädagogisches Studium und Arbeit als Erzieherin – Wiederstand gegen politische Erziehung der Töchter und zunehmende Opposition – Mitarbeit Untergrund-Zeitung «Feuermelder» – Teilnahme an Dresdner Demonstrationen seit 3.10. – Mitglied der «Gruppe der 20» mit Rathausgesprächen, Reden in Kirchen – Auflösung «Gruppe der 20».
Der erste Zivi der DDR Harald Bretschneider, geb. 1942 – Pazifist aus Erfahrung und Glauben – Maurerlehre, Theologiestudium, freiwillige Arbeit auf Großbaustellen, Zimmermannslehre, Bausoldat, Dorfpfarrer, Landesjugendpfarrer – seit 1980 maßgeblich in Friedensarbeit der evangelischen Kirche der DDR beteiligt – u. a. Erfinder Lesezeichen/Aufnäher „Schwerter zu Pflugscharen“– am 3./4.10. auf Dresdner Hauptbahnhof und Sammeln Namen der Zugeführten – „Verbindungsmann“ nach Leipzig und Teilnahme an entscheidender Demonstration vom 9.10. – erste Wehrdienstverweigerer in sozialem Ersatzdienst in Dresden im Nov. 1989 – Mitgestaltung Zivilgesetz der DDR 1990, nicht mehr verabschiedet
Alles, was man anfasste, war neu Andrea Spee-Keller, geboren 1958, Gleichstellungsbeauftragte, verheiratet, 4 Kinder Wie wurden Sie Gleichstellungsbeauftragte? Wir hatten ja im Westen zwei Partnerstädte. Worms und Heidelberg. Dadurch hatten wir ziemlich zeitig Kontakt zu dem Dachverband der Frauenvereine in Worms. Die Vorsitzende des Dachverbands war sehr zeitig schon bei uns, sie kam einfach her und hat sich gesagt, ich schaue mir einfach mal an, was die so machen. Von ihr haben wir das erste Mal gehört, dass es in Worms eine Gleichstellungsbeauftragte gibt und was die so macht. Da haben wir gesagt: «Das finden wir toll. Wir wollen auch eine.»
Heute bin ich glücklich, aber unzufrieden Ulrich Patzer, geb. 1937, Dipl. Geophysiker, 3 erwachsene Kinder, verheiratet, kam 1957 zum Studium nach Leipzig. Mit Beginn der achziger Jahre war er in einer Umweltgruppe in der Gesellschaft für Natur und Umwelt im Kulturbund aktiv und engagiert sich bis heute für den Radverkehr in und um Leipzig. Haben Sie damals daran gedacht, die DDR zu verlassen? Es waren sehr pragmatische Gründe, die mich in der DDR gehalten haben. In den 50er Jahren habe ich gerade studiert. Da habe ich mir gesagt, jetzt machst du erst einmal das Studium fertig, denn wenn du jetzt rüber gehst, musst du Studiengebühren bezahlen, woher willst du die nehmen? Hier hatte ich mein Stipendium und mein Auskommen. Und deswegen bin ich hier geblieben. Tja und nach dem Mauerbau bin ich nicht mehr gefragt wurden, ob ich abhauen will oder nicht. Das heißt, später wollte ich auch nicht mehr weg. In den Vorwendezeiten bin ich auch erst auf den Nikolaikirchhof gegangen, als die Rufe kamen: Wir bleiben hier. – Und nicht die Rufe: Wir wollen raus. Das Friedensgebet und alles drum herum, das ist ja auch von denen, die abhauen wollten, instrumentalisiert wurden. Das wird ihnen ja von manchen kirchlichen Kreisen heute noch ein bisschen übel genommen – und wie ich finde, zu Recht – dass sie das benutzt haben, um auf sich aufmerksam zu machen, damit sie möglichst bald rauskommen. Ich habe mir gesagt, wenn dem Staat die Jugend wegrennt, dann hat er sowieso keine Chance mehr. Da muss sich etwas ändern und wir bleiben hier.
Die Wiedervereinigung spielt in meinem Leben gar keine Rolle Kristina Kasek, geboren 1952, promovierte Pharmazeutin, 2 Kinder, verheiratet, lebt seit 1978 in Leipzig, wo sie in den achziger Jahren in einer Umweltgruppe innerhalb des Kulturbundes aktiv war. Wie ist Ihr politisches Umweltbewusstsein in der DDR erwacht? Umwelt hat bei mir angefangen, indem ich Mutter geworden bin. Ganz klar. Das lag auch daran, dass ich meine Kindheit und Jugend natürlich nie in umweltverseuchten Gegenden verbracht habe. Erst mitten im Fläming, landschaftlich eine schöne Ecke und dann Greifswald. Saubere Ostsee, Strände wie im Bilderbuch, Poel, Usedom, Hiddensee, Rügen. Und Leipzig war dann der Umweltschock? Nicht unmittelbar. Als ich 1978 aus Greifswald wegging und nach Leipzig kam, war mir noch nicht so bewusst, wie dreckig eigentlich Leipzig war, aber als mein erster Sohn geboren wurde, da erwachte plötzlich mein Gefühl für die Umwelt. Ich erinnere mich noch, wie ich, noch im Mutterschaftsurlaub, mit dem Kinderwagen durch die Stadt gelaufen bin, weil ich irgendwoher einen Sack Zement besorgen wollte, da kam ich in Gegenden, wo ich noch nie war. Und dort sah ich plötzlich den Dreck, sah mein Kind im Kinderwagen, die verkehrsreiche Strasse und da machte es irgendwie klick.
Letztendlich war doch das, was wir hier und heute haben, unser Ziel Andreas Horn, geboren 1952, Pfarrer, verheiratet, 3 Kinder, war 1989 in Dresden, wo er auch heute noch lebt und arbeitet. Haben Sie an die Möglichkeit eines christlichen Wertemodells im Sozialismus gedacht? Das war für uns zumindest nicht ausgeschlossen. Ein Sozialismus, der demokratisch funktioniert, der vielleicht auch seine atheistische Weltanschauung vertritt, aber in einer völlig anderen Praxis, als wir es in der DDR erlebt haben. Unsere Idee damals war, die DDR oder die sozialistischen Staaten insgesamt müssen so verändert werden, dass sie demokratische Mindestprinzipien einhalten. Freie Meinungsäußerung. Ein Freiraum für die Kirche, die öffentlich auftreten darf und ein völlig anderes Rechtssystem. Das war der Gedanke: Es muss in einem sozialistischen Staat ein unabhängiges Rechtssystem geben. Unabhängige Richter, die unabhängig von der Weltanschauung und unabhängig von der politischen Einstellung ein Urteil treffen. Es war doch offensichtlich, dass das in der DDR überhaupt nicht funktionierte. In so einem Staat war für uns Kirche als gleichberechtigte Instanz denkbar. In der Endkonsequenz habe ich das aber immer im Zusammenhang mit der Wiedervereinigung gesehen. Davon habe ich geträumt.
Das was man will, kriegt man doch sowieso nie Klaus Kuhn, geboren 1953, KfZ-Sachverständiger, 2 Kinder, geschieden, war 1989 in Dresden, wo er auch heute noch lebt und arbeitet. Sind die Ergebnisse [der Überprüfung der Ergebnisse der Kommunalwahlen am 7. Mai 1989] für Dresden auch gegenüber den politisch Verantwortlichen ausgewertet wurden? Wir haben einen offenen Brief geschrieben an Prof. Dr. Lothar Kolditz, er war der Vorsitzende des Nationalrats der Nationalen Front der DDR und er war der Einzige, der gegen die Richtigkeit der Wahl Einspruch erheben konnte. Er hat von uns den offenen Brief bekommen, den er nie beantwortet hat und daraufhin haben wir die Ergebnisse als Flugblatt in Dresden verteilt. Das waren bestimmt 1500 Stück. Da standen dann unsere recherchierten Ergebnisse drauf. Wir haben die Flugblätter hier im Haus gedruckt.
Warum sind Frauen in der Politik unterrepräsentiert? "Die Quote bringt's. Das ist ein Ergebnis der von der Heinrich-Böll-Stiftung beauftragten Studie zu Frauen in der Politik. Die Grünen stellen mit 40 Prozent die meisten Politikerinnen in Kommunalparlamenten, die CDU als Volkspartei dagegen 21,1 Prozent". Sieben Fragen an Karoline Linnert
Warum sind Frauen in der Kommunalpolitik unterrepräsentiert? Sechs Fragen dazu an Dietlind Tiemann (CDU), Oberbürgermeisterin in Brandenburg an der Havel