Es braucht Visionen für eine demokratische Zukunft in einer Gesellschaft der Vielen – Visionen, für die es sich zu streiten lohnt und die Lust auf Gestalten und politisches Handeln machen.
Weiterdenken – Heinrich-Böll-Stiftung Sachsen, Netzwerk Tolerantes Sachsen, Kulturbüro Sachsen (Hg.):
Politisch Handeln im autoritären Sog – Ungehorsam
Erweiterter Tagungsband zu den Demokratietagungen 2019 und 2021
Die Publikation kann hier als print bestellt oder als PDF heruntergeladen werden
Zum Band
Im Sog von rechtspopulistischen und (neo-)faschistischen Bewegungen werden politische Initiativen und Zivilgesellschaft immer mehr mit autoritärer Politik konfrontiert. Wir sprechen über diesen autoritären Sog und üben Kritik. Ziel unserer gemeinsamen Tagung Anfang 2019 „Politisch Handeln im autoritären Sog“ war es, progressive und demokratische Perspektiven zu stärken. Dazu haben wir uns zivilgesellschaftlichen Visionen und Ansatzpunkten für das gesellschaftliche Zusammenleben und für politisches Handeln gewidmet, dem Engagment in der Nachbarschaft, im Internet und in der städtischen Öffentlichkeit.
Im Jahr 2020 sollte die Fortführung dieser Überlegungen bei einer weiteren Tagung unter dem Titel „Politisch Handeln im autoritären Sog – Ungehorsam“ stattfinden. Wegen der Pandemie musste sie vorerst vertagt werden. Wir planen derzeit einen Nachholtermin. Auf der Tagung wollen wir die Fragen diskutieren, wie viel Ungehorsam die Demokratie braucht, welches utopische Potential sich in Formen des Ungehorsams verbirgt und was Ungehorsam im autoritären Sog bedeutet.
Rückblick, Programm und Neuigkeiten zur Tagung finden sich hier
Zum Inhalt
Der Band gliedert sich in zwei Teile, analog zu den beiden Tagungen. Im ersten Teil werfen Solveig Höppner, Thorsten Mense und Robert Feustel einen Blick auf das Autoritäre: Solveig Höppner widmet sich in ihrem Beitrag der Delegitimierung von Antifaschismus. Mit langer Tradition wird in Sachsen Antifaschismus als Extremismus und damit als ungehorsam kriminalisiert. Antifaschismus ist jedoch Teil von Demokratie, was ihn nicht weniger selbstbewusst und provokant machen soll. Thorsten Mense beschreibt Heimat als eine autoritäre Versuchung, die gefährliche Ausschlüsse, aber keine Antworten auf gesellschaftliche Probleme bietet. Robert Feustel zeigt am Beispiel künstlicher Intelligenz, wie polizeiliches Handeln immer weiter auf uns zugreifen kann.
Die anderen Beiträge im ersten Teil setzen den Fokus auf das politische Handeln für eine Gesellschaft der Vielen. Johannes Richter befragt Hamida Taamiri zu ihrem Engagement in Bautzen, Mara Knauthe befragt Rebecca Rahe zum Gedanken der Vernetzung und gegenseitigen Unterstützung im Bündnis #unteilbar. Hannah Eitel plädiert dafür, solidarisches Handeln bei radikaler Offenheit als politischen Entwurf zu denken und erklärt das an Kämpfen für das Recht auf Stadt. Tobias Prüwer geht der Frage nach, warum rechte Proteste so viel mediale Aufmerksamkeit erhalten und wirbt für mehr Verständnis zwischen emanzipatorischen Bewegungen und Journalist:innen. Er gibt Hinweise, die dabei weiterhelfen sollen.
Eine Bilderstrecke von Stefanie Busch und Kathrin Krahl zum Thema „Unterlassen und Verweigern“ leitet den zweiten Teil zum Ungehorsam ein. Zum Verhältnis von Ungehorsam und Demokratie gibt der Beitrag „Demokratien als riskante Ordnungen“ von Julia Schulze Wessel eine Einführung und vertiefende Gedanken. Julika Mücke beantwortet Hannah Eitel Fragen zur Legitimität von zivilem Ungehorsam am Beispiel von Black Lives Matter. Zuletzt stellt sich die Frage, ob nicht auch die Proteste von rechten Bewegungen als ziviler Ungehorsam verstanden werden müssen, was Huyen Vu und Michael Nattke in ihrem Beitrag klar verneinen.