Was kann ich tun?

Aus verschiedenen Ländern kommen Menschen nach Deutschland und Sachsen auf der Suche nach einem sicheren Ort und einem menschenwürdigen Leben. Dieser Artikel ist Teil unserer jährlich aktualisierten Broschüre "Mal ehrlich. Flucht und Asyl in Sachsen", die Fakten bietet zum deutschen Asylsystem, zu den Lebensbedingungen Asylsuchender in Sachsen sowie zu Möglichkeiten, sich für ein menschenwürdiges Asyl in Sachsen zu engagieren.

Symbolbild: Was kann ich für Geflüchtete tun?

Jeder und jede kann einen Beitrag leisten, damit sich Menschen in Deutschland willkommen fühlen. Hier gibt es ganz unterschiedliche Ansätze. Ob Sie sich für Veränderungen auf politischer Ebene einsetzen, sich gegen Rassismus und Vorurteile engagieren oder vor Ort direkt Asylsuchende unterstützen, überall werden aktive Menschen gebraucht. Haben Sie keine Angst: Um sich für Geflüchtete einzusetzen, braucht es keine besonderen Fähigkeiten oder Sprachkenntnisse. Mit ehrlichem Interesse und Händen und Füßen kommt man sehr weit! Wichtig ist: Willkommenskultur bedeutet nicht Bevormundung, nicht den „Armen und Bedürftigen“ zu helfen, sondern sich respektvoll und auf Augenhöhe zu begegnen.

Politische Forderungen

Seien Sie sich Ihrer politischen Macht bewusst. Sie können die Lebensbedingungen geflüchteter Menschen beeinflussen, indem Sie sich mit ihnen und für sie einsetzen. Oft hilft es, auf die problematische Lage Geflüchteter vor Ort aufmerksam zu machen, etwa über die lokale Presse oder Aktionen in der Stadt oder im Dorf.

Oder Sie richten direkte Forderungen an die Verantwortlichen, z. B. an die Stadtverwaltung sowie an Politiker*innen der demokratischen Parteien im Stadtrat, Landtag und im Bundestag.

Mögliche Forderungen für mehr Menschenwürde sind:

  • Unterbringung Asylsuchender in Wohnungen statt in Heimen
  • Uneingeschränkter Zugang für Asylsuchende zum Arbeitsmarkt
  • Abschaffung der Residenzpflicht
  • Reguläre Gesundheitsversorgung für Asylsuchende

Auseinandersetzung mit Vorurteilen – rassistischem Handeln entgegentreten

Vorurteile sind Einstellungen gegenüber gesellschaftlichen Gruppen, die durch Abwertung und Feindseligkeit geprägt sein und zu Diskriminierung und Rassismus führen können.

Vorurteile entstehen durch Unkenntnis. Besonders über den Bereich Flucht und Asyl wissen viele Menschen nur sehr wenig. Schnell bilden sich Meinungen, die laut gesagt, aber nicht hinterfragt werden. So entstehen Debatten, die verletzend und gefährlich sind. Sich in diese Debatten einzumischen heißt, solidarisch mit Asylsuchenden zu sein.

  • Fakten statt Populismus!

    Diskussionen sind oft durch Vorurteile und weit verbreitete negative Meinungen gegenüber Asylsuchenden geprägt. Hinterfragen Sie diese und begegnen Sie ihnen mit Fakten. Dadurch nimmt die Diskussion eine andere Richtung.
  • Perspektivenwechsel durch Gedankenexperimente!

    Stellen Sie sich vor, es ist Krieg und Sie sind mittendrin. Stellen Sie sich vor, Sie werden verfolgt, weil Sie so denken, wie Sie denken. Stellen Sie sich vor, Sie werden so stark diskriminiert, dass Ihre Kinder nicht zur Schule gehen können. Ein Perspektivenwechsel hilft, Asylsuchende zu verstehen. Fordern sie auch andere dazu auf.
  • Zeigen Sie Flagge!

    Ob auf der Straße oder im Internet – an vielen Orten wird gegen Asylsuchende mobilisiert. Stellen Sie sich Hetze und Naziaufmärschen entgegen und suchen Sie sich Menschen, die dabei mitmachen. Die Mobilen Beratungsteams des Kulturbüro Sachsen e. V. bieten bei Bedarf Unterstützung an. Zusammen sind wir stärker.
  • Bilden Sie sich weiter!

    Wissen hilft beim Argumentieren und Stellungbeziehen. Das Netzwerk für Demokratie und Courage (NDC), „Grenzen überwinden“ des Ausländerrats Dresden e. V. und die Landesarbeitsgemeinschaft politisch-kulturelle Bildung Sachsen e. V. (PoKuBi) sind bspw. Projekte, die Workshops zu Themen wie Migration, Rassismus sowie Flucht und Asyl anbieten.

Worte haben Macht!

Politiker*innen und Medien nutzen häufig eine Sprache, die Bilder der Bedrohung verursacht und damit Ängste vergrößert. Diese Bilder haben aber wenig mit der Realität zu tun. Besonders AfD, NPD und andere rechte Strukturen, aber auch die CSU verwenden bestimmte Begriffe, um gezielt Stimmung gegen Asylsuchende zu machen. Hinterfragen Sie diese Sprache kritisch und machen Sie auf den unangemessenen Gebrauch von Begriffen wie „Asylant“ oder „Asylmissbrauch“ aufmerksam.

Vier Begriffe stellvertretend als Beispiele:

  • Flüchtlingswelle

    Das Bild der „Welle“ suggeriert eine Naturgewalt, die unkontrollierbar kommt und der Deutschland hilflos gegenübersteht. Das entspricht nicht der Realität. Von 79,5 Millionen Menschen, die 2019 auf der Flucht waren, stellten nur etwa 0,2% einen Asylantrag in der Bundesrepublik. Zudem schottet sich Europa immer weiter ab. Für Geflüchtete ist es sehr schwer und gefährlich, in die EU zu gelangen.
  • Asylant

    Die Bezeichnung wurde Anfang der 1980er Jahre geprägt, um von „schutzbedürftigen Geflüchteten“ abzugrenzen. Der klar diskriminierende Begriff transportiert negative Assoziationen wie viele andere Bezeichnungen, die mit „-ant“ enden (z. B. Querulant, Denunziant, Simulant, ...). Dadurch wird die ganze Menschengruppe verächtlich gemacht. Daher sollten neutrale Begriffe wie „Asylsuchende“ oder „Geflüchtete“ verwendet werden.
  • Überfremdung

    Dieser Begriff aus der NS-Zeit wird heute v.a. von der politischen Rechten verwendet. Dahinter steckt die völkisch-nationalistische Vorstellung, eine „deutsche Identität“ würde durch Zuwanderung bedroht. Damit sollen Ängste gegen Menschen mit Migrationserfahrungen geschürt werden. Ignoriert wird dabei, dass Deutschland sehr heterogen und historisch schon immer durch Migration geprägt ist.
  • Asylmissbrauch

    Der Begriff wird von verschiedensten Parteien genutzt, um Asylsuchende zu kriminalisieren und ihre Fluchtgründe zu delegitimieren. Jeder Mensch hat das Recht darauf, einen Asylantrag zu stellen und darauf, dass dieser geprüft wird.

Immer wieder wird behauptet, Asylsuchende seien häufig kriminell.

Besonders wenn es um die Eröffnung neuer Gemeinschaftsunterkünfte geht, wird von vielen sofort ein Anstieg der Kriminalität in der Nachbarschaft befürchtet. Die Erfahrung zeigt jedoch ein anderes Bild.

Sächsische Polizisten und Polizistinnen betonen immer wieder, dass es eben keinen Anstieg von Kriminalität im Umfeld von Asylsuchendenheimen gibt. Sie warnen auch davor, aufgrund krimineller Handlungen Einzelner eine ganze Gruppe von Menschen zu stigmatisieren. Trotz dieser Fakten wird in Sachsen immer wieder der Ruf nach „mehr Kontrolle“ und „Bestrafung“ laut. Wenn diese Sichtweise sogar durch führende Politiker*innen gestützt wird, werden Ängste und Vorurteile bestärkt.

Worüber hingegen selten gesprochen wird, ist die Gewaltkriminalität gegenüber Asylsuchenden. So werden bspw. Straftaten, die sich gegen Asylbewerber*innen richten, in der sächsischen Kriminalstatistik nicht separat erfasst. Es gibt laut Innenministerium nur Informationen darüber, in wie vielen Fällen Asylsuchende Täter*innen seien, nicht darüber, wie viele Asylsuchende Opfer von Straftaten werden. Dennoch gibt es Statistiken zu rassistischer Gewalt, bspw. von der RAA Sachsen. Hier zeigt sich klar, dass sich diese Gewalt häufig gegen Asylsuchende richtet.

Begegnung und Kontakt

Begegnungen helfen, Vorurteile und gegenseitige Unsicherheit abzubauen und stärken das Vertrauen beider Seiten. Sie können selbst aktiv werden, andere Perspektiven kennen lernen und die soziale Isolation vieler Asylsuchender verringern.

  • Engagierte finden!

    Vielleicht gibt es auch in Ihrem Ort Initiativen, die sich für Geflüchtete einsetzen.
  • Mitstreiter*innen suchen!

    Viele Initiativen starten mit einer Idee und zwei oder drei Personen.
  • Keine Angst!

    Für vieles braucht man keine bestimmten Fähigkeiten oder Sprachkenntnisse. Mit Interesse, Geduld, Händen und Füßen kommt man sehr weit.
  • Kontakt aufnehmen zu Asylsuchenden!

    Was sind ihre Bedürfnisse und Wünsche?
  • Soziale Aktivitäten!

    Laden Sie doch Asylsuchende in Ihren Sportverein, zum nächsten Ausflug oder zu anderen Veranstaltungen ein.
  • Unterstützung!

    Organisieren Sie Deutschkurse, Hausaufgabenbetreuung, Beratung, Begleitung zu Behörden und Arztterminen ...

Vier Initiativen stellvertretend als Beispiele:

In Sachsen engagieren sich bereits viele Menschen in ihren Wohnorten für die Belange von Geflüchteten. Dieses Engagement ist vielfältig und lebt vom Mitmachen. Hier sehen Sie einige gute Bei-

spiele – die Liste aller Initiativen ist aber viel länger und kann beim Flüchtlingsrat Sachsen erfragt werden.

  • Peperoncini Mini-Bürgschaften – Leipzig

    Wer keine Zeit hat, sich aktiv zu engagieren, kann eine Mini-Bürgschaft übernehmen. Bürgen kann man für die Klage von Asylsuchenden gegen einen abgelehnten Asylantrag oder ein unrechtmäßig eingeleitetes Strafverfahren.
  • Paradiesisch musizieren – Dresden

    Menschen aus unterschiedlichen Ländern treffen sich regelmäßig und musizieren zusammen.
  • AG Asylsuchende – Pirna

    Mit dem internationalen Begegnungszentrum sowie der Fahrradwerkstatt bietet die AG Asylsuchende Raum und Möglichkeiten für Geflüchtete.
  • Kontaktstelle Wohnen – Leipzig

    Die Kontaktstelle Wohnen setzt sich für dezentrales selbstbestimmtes Wohnen für Geflüchtete ein und unterstützt sie darin, eigenen Wohnraum anzumieten.

Titelseite der Broschüre "Mal ehrlich. Flucht und Asyl in Sachsen"

Die jährlich aktualisierte Broschüre "Mal ehrlich. Flucht und Asyl in Sachsen" bietet Fakten zum deutschen Asylsystem, zu den Lebensbedingungen Asylsuchender in Sachsen sowie zu Möglichkeiten, sich für ein menschenwürdiges Asyl in Sachsen zu engagieren.

Sie ist erhältlich als PDF oder gedruckte Broschüre.