Thomas Zschornak

Porträt

eines unermüdlichen Gestalters nachhaltiger und enkeltauglicher Landschafts- und Dorfentwicklung.

Lesedauer: 4 Minuten
Thomas Zschornak vor dem Wendentor (19. Jhd.) in Nebelschütz

Über 30 Jahre prägte der gebürtige Oberlausitzer Thomas Zschornak das Gesicht der Gemeinde Nebelschütz mit rund 1.200 Einwohner*innen als ehrenamtlicher Bürgermeister.

Das erste Mal mit der Politik in Berührung kam Zschornak in der Zeit 1988/89. Damals engagierte er sich gegen die Gülleverbringung der industriellen Landwirtschaft auf den Feldern rund um Nebelschütz.

"Die Gülle wurde auch in den Sommermonaten ausgebracht - also auch in Monaten, in denen wir draußen sein wollten. Aber nicht nur die Emissionen waren ein Problem, sondern die Fliegen, die in Massen unterwegs waren."

(Thomas Zschornak)

1989 wuchs das Engagement Zschornaks und weiterer Jugendlicher. In kleinem Kreis fuhren sie schon im August und September 1989 zum Neuen Forum nach Bautzen. Auch besuchte Zschornak regelmäßig die Gemeinderatssitzungen, stellte Fragen und tauchte immer tiefer in die Politik ein.

"Ich habe damals festgestellt, wenn ich etwas nicht selbst mache, dann wird es kein anderer für mich machen. Also musste ich mich einbringen! Das war so ein Aha-Effekt: Der Mensch ist der Gestalter!

Das hat mich über all die Jahre geprägt.
"

(Thomas Zschornak)

Im Mai 1990 folgte die erste freie Kommunalwahl in der DDR. Der Gemeinderat wurde gewählt und der 26 Jahre junge Zschornak bekam die zweitmeisten Stimmen in der Gemeinde. Bürgermeister wollte er zu diesem Zeitpunkt nicht werden, doch er wurde überzeugt, dieses Amt anzutreten. Und er blieb für die folgenden 32 Jahre.

"Und dann musste ich Menschen finden, die bei dem Gestalten mitwirken können und wollen und andere Talente als ich einbringen. Man hat ja nicht alle Talente in sich."

(Thomas Zschornak)

Zschornak sprach Menschen gezielt an, erzählte vom Potenzial vor Ort und baute die Brücke zu allen, die sich engagieren wollten und konnten. Es sind viele gekommen, viele auch gegangen. Einige sind bis heute geblieben. Sie sind unterdessen mit die größten Akteur*innen und wichtig für die Gemeinde: Friedrich Tietze etwa, der Diplom-Ingenieur für Wasserwirtschaft, der in einem ehemaligen Schweinestall Mini-Garnelen züchtet und weltweit anbietet. Oder die Permagold Oberlausitz GmbH, die Flächen in Permakultur bewirtschaftet und die Erträge im Dorfladen anbietet. Der Lebensmittel- und Biotechnologe Andreas Kretschmer bindet die neuen Erkenntnisse des “Reallabors Nebelschütz” zu Perma- und Agroforstkultur in bundes- und europaweite Forschungs- und Entwicklungsdebatten ein. Seit 2004 berät der "Öko-Pionier" und mit dem Bundespreis »Bürger initiieren Nachhaltigkeit« ausgezeichnete Johannes Heimrath die Gemeinde Nebelschütz und brachte viele Ideen auf den Weg.

Und so gilt Nebelschütz als Vorzeigegemeinde, die weit über die Oberlausitz hinaus für ihre innovativen Ideen und gemeinschaftsfördernden Ansätze bekannt ist.

Alle Bürger*innen können etwa nicht mehr benötigte Baumaterialien auf einem Recyclinghof zur Verfügung stellen bzw. hier günstig Baumaterial erwerben. Auf dorfeigenen Flächen finden Feste für alle statt. Für die Kinder entstand ein sorbischer Kindergarten mit hohen ökologischen Standards, bei dem selbst die Kleinsten an den Planungen mitwirken konnten.

"Viele Jahre war vieles von mir abhängig. Jetzt habe ich das Gefühl, dass die Menschen selbstständig sind und wissen, worum es geht. Auch die Entwicklung, die wir in den letzten zwei Jahren erfahren haben, war ein wichtiger Lernprozess. Wir werden wohl auch gestärkt aus dem Prozess herauskommen, weil es eben auch zu einer Gemeindeentwicklung gehört, alles infrage zu stellen."

(Thomas Zschornak)

2020 bis 2022 wird Zschornak mit Vorwürfen konfrontiert: Anonyme Anrufe, anonyme Mails und eine Homepage aus dem Ausland u.a. mit Gemeinderatsbeschlüssen und Protokollen versuchen ihn, seine Arbeit und Mitstreiter*innen zu diskreditieren: Von Zweckentfremdung von Mitteln, persönlicher Vorteilsnahme und Veruntreuung von Geldern ist die Rede. Wegen Verleumdung und Rufschädigung ermittelt nun die Staatsanwaltschaft gegen die Verfasser*innen, denn die Prüfung der Vorwürfe durch die Rechtsaufsicht des Landkreises Bautzen ergab kein rechtswidriges Handeln Zschornaks.

Dennoch war es für den Bürgermeister und dessen Familie eine harte Zeit. Er war gesundheitlich schwer angeschlagen. Und dabei war schon klar, dass er 2022 nicht noch einmal zur Wahl als Bürgermeister antreten wird.

Trotz Nachwehen der letzten Jahre widmet sich Zschornak nun einem neuen Projekt: der Gründung der Stiftung Enkeltauglichkeit. Auch auf diesem Weg begleiten ihn langjährige Vertraute und Ratgeber*innen.

Und wenn er durch die Gemeinde Nebelschütz führt, leuchten die Augen noch immer!