»Wir suchen noch immer nach einer einzigen Firma, die keine Zwangsarbeiter beschäftigt hat.«1
Auch Walter Scooler wollte auswandern, was eine Bestätigung der Gemeinnützigen Auswanderer-Beratungsstelle vom 22. Dezember 1938 und die Steuerliche Unbedenklichkeitsbescheinigung zum Zwecke der Auswanderung durch den Bürgermeister von Porschendorf vom 8. März 1939 zeigen. Warum die Auswanderung nicht gelang, ist unbekannt.
1940 ging Walter Scooler nach Berlin, wo er zunächst bei seiner Tante und später mit seiner Mutter Rose Scooler zusammenwohnte. In Berlin musste er zunächst in einer Kartonfabrik Zwangsarbeit leisten, später in einer ebenfalls enteigneten Gummifabrik, die vor der Enteignung Julius Fromm gehörte. Ende 1941 gelang es Walter Scooler, sich durch die Hilfe eines Wiener Anwalts eine »arische« Großmutter für 10.000 Reichsmark (ca. 35.000 Euro) zu erkaufen. Durch die Bestechung eines Beamten im Reichssicherheitsamtes bekam er eine neue Abstammungsurkunde und galt nun als sogenannter »jüdischer Mischling«. Daraufhin konnte Walter Scooler den Judenstern ablegen und musste keine Zwangsarbeit mehr leisten. Er fand dann eine Arbeit.
Als die amerikanischen Soldaten endlich in der Normandie (Frankreich) gelandet waren, wurde Walter Scooler im Juli 1944 im Rahmen der Organisation Todt als Zwangsarbeiter eingezogen und nach Frankreich geschickt. Es gelang ihm unterzutauchen und unter amerikanischen Schutz zu kommen. Nach der Befreiung Deutschlands 1945 durch die Alliierten kam Walter Scooler ins Displaced Persons Camp in Deggendorf in Bayern, wo er seine Mutter Rose Scooler wiedertraf. In diesem Camp heiratete Walter Scooler 1947 Hanna Pieczonka (*1910), die verschiedene Konzentrationslager überlebt hatte. Beide wollten Deutschland verlassen und stellten Anträge auf Ausreise. Am 25. September 1951 war es so weit: Walter und Hanna Scooler liefen mit dem Schiff USS General Blatchford in New York ein. In St. Paul, Minnesota (USA), fand Walter Scooler eine Anstellung im Postdienst und sie bauten sich ein neues Leben auf.
Am 24. Oktober 1991 starb Hanna Scooler, am 5. April 2006 starb Walter Scooler im Alter von 97 Jahren in St. Paul. 2012 starb schließlich auch ihr Sohn Walter S. Scooler.2
Quellen:
1 Ulrich Herbert: Arbeit und Vernichtung. Ökonomisches Interesse und Primat der »Weltanschauung« im Nationalsozialismus. In: Dan Diner: Ist der NS Geschichte? Zur Historisierung und Historikerstreit, Frankfurt am Main 1987.
2 Hugo Jensch: Familie Scooler, Porschendorf.