Das „Bündnis gegen Antisemitismus in Dresden und Ostsachsen“ ruft die demokratische Dresdner Stadtgesellschaft auf, am 9. November um 15:30 Uhr zahlreich am zentralen Gedenken an der Neuen Synagoge am Hasenberg teilzunehmen. Denn unsere Solidarität mit Jüdinnen*Juden ist aktuell dringender notwendig denn je!
Als die radikalislamische Hamas am 7. Oktober 2023 über Land, Luft und See einen großangelegten Terrorangriff auf Israel startete, waren viele Menschen in Deutschland und der Welt schockiert. Getrieben von den schrecklichen Bildern und Nachrichten, mit denen sie in den Zeitungen, im Fernsehen und in den sozialen Medien konfrontiert wurden, fanden sie sich innerhalb kürzester Zeit in zahlreichen Städten zu spontanen Kundgebungen zusammen, um mit Reden oder in aller Stille ihrer Trauer, ihrer Anteilnahme mit den Angehörigen der Opfer sowie ihrer Solidarität mit Israel Ausdruck zu verleihen.
Mittlerweile liegt der Terrorangriff der Hamas, in dessen Zuge 1400 Menschen ermordet, mehr als 5000 Menschen zum Teil schwer verletzt und über 240 Menschen in den Gazastreifen verschleppt wurden, fast einen Monat zurück. Während die Anzahl der öffentlichen Solidaritätsbekundungen in Deutschland und weltweit abnimmt, wirkt der Terror nach, gehen die Angriffe auf Israel unvermindert weiter. Noch immer trauern Angehörige und Freund*innen um den Verlust ihrer Liebsten, bangen und kämpfen um deren Überleben oder Freilassung aus der Geiselhaft der Hamas. Noch immer fliegen täglich Raketen der Hamas aus dem Gazastreifen, der Hisbollah aus dem Libanon und von verschiedenen Milizen aus dem Jemen und aus Syrien auf das Land und halten die Erinnerungen an den Schrecken des 7. Oktobers mit aller Grausamkeit wach.
Nicht nur in Israel bedeuten die Ereignisse des 7. Oktobers eine Zäsur für jüdisches Leben. Antisemitische Ausschreitungen wie jüngst in der russischen Kaukasusrepublik Dagestan, aber auch Massendemonstrationen mit zum Teil antisemitischen Parolen in New York, London oder Wien lassen die jüdische Gemeinschaft mit der Frage zurück: Wo überhaupt in der Welt sind Jüdinnen*Juden heute noch sicher? Auch in Deutschland führte der Terror der Hamas zu einer Welle antisemitischer Gewalt: Wohnhäuser von Jüdinnen*Juden wurden mit Davidsternen markiert. In Berlin wurden ein jüdisches Krankenhaus und eine Synagoge mit einem Stein bzw. mit einem Brandsatz attackiert. Und auch Einzelpersonen sind vor Übergriffen nicht sicher: Allein sechs Körperverletzungen zählte die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus nur in der ersten Woche nach den Angriffen in und auf Israel im gesamten Bundesgebiet.
85 Jahre nach den Novemberpogromen von 1938 sind wir als Netzwerk von Akteur*innen der antisemitismuskritischen Bildungsarbeit zutiefst erschüttert über diese Eskalation des Antisemitismus in Deutschland und der Welt. Dennoch können wir nur erahnen, wie es um das Innenleben unserer jüdischen Freund*innen und Kooperationspartner*innen bestellt ist. Viele von ihnen haben Verwandte und Freund*innen in Israel, die von den Ereignissen unmittelbar betroffen sind. Zu der Sorge um ihr Schicksal kommt außerdem die Angst um die eigene Zukunft und Sicherheit in Deutschland. Gerade auch, weil mit den Kämpfen an Israels Grenzen die Gewissheit eines sicheren Zufluchtsortes genommen wird.
Angesichts dieser Umstände halten wir es für unerlässlich, uns fortwährend mit Jüdinnen*Juden zu solidarisieren. Dies kann im Kleinen passieren, durch persönliche Gespräche und Unterstützungsanfragen, es muss sich aber ebenso, als deutliches Zeichen in die jüdische Gemeinschaft, im öffentlichen Raum zutragen. Daher rufen wir die demokratische Dresdner Stadtgesellschaft auf, am Donnerstag, den 9. November 2023, um 15:30 Uhr zahlreich zum zentralen Gedenken an die Neuen Synagoge am Hasenberg zu kommen. Denn die Lehre, die wir an diesem 9. November aus NS und Shoa ziehen müssen, lautet: das vielbeschworene „Nie wieder“ ist genau jetzt!
Weiterdenken – Heinrich-Böll-Stiftung Sachsen ist Mitglied im Bündnis gegen Antisemitismus in Dresden und Ostsachsen.