Von Simone Schmollack
Sieben Fragen dazu an Karoline Linnert (Bündnis 90/Die Grünen), Bürgermeisterin und Finanzsenatorin in Bremen
Trotz verschiedener Quoten und des Quorums in der CDU sind Frauen in der Politik unterrepräsentiert. Was sagen Sie dazu?
Bei den Grünen ist die Unterrepräsentanz von Frauen nicht so ausgeprägt wie bei anderen Parteien. Aber es stimmt: Objektiv gesehen sind Frauen auch bei den Grünen – bis auf die quotierten Bereiche – nicht zu 50 Prozent vertreten.
Woran liegt es, dass Frauen seltener in der Politik zu finden sind?
Das hat verschiedene Gründe: Das Selbstbewusstsein, machtpolitisch aufzutreten, ist bei vielen Frauen nicht stark ausgeprägt. Manche Frauen interessieren sich auch schlichtweg nicht für Politik, andere können eine politische Arbeit nicht in ihre momentane Familienphase einbauen. Und dann gibt es da noch den Mainstream, der übrigens auch von den Medien gemacht wird: Männliches Machtgebahren wird stärker abgefragt als weibliche Kompetenz.
Wie ist es Ihnen ergangen auf dem Weg durch die Instanzen?
Ich habe mich oft geärgert über einige Männer, über ihr Gehabe und ihr Gedränge. Aber das hat mich auch angespornt, mich nicht klein kriegen zu lassen, sondern zu widerstehen. Aber: Durch die feste Quote bei den Grünen hat sich der Konkurrenzkampf zwischen Frauen und Männern entschärft.
Sind Sie eine Quotenfrau?
Wenn Sie so wollen, ja. Für Frauen ist die Quote wichtig. Bei Listenaufstellungsverfahren habe ich mich also weniger gegen Männer durchzusetzen als gegen alle anderen Frauen.
Ist es schwieriger, gegen Frauen anzutreten?
Auf der menschlichen Ebene auf jeden Fall. Ich habe schon manches Mal gedacht: Diese tolle Frau will ich doch gar nicht verdrängen.
Haben Sie schon mal wegen einer anderen Frau zurückgesteckt?
Natürlich, und nicht nur einmal.
Was muss getan werden, um den Frauenanteil nicht nur in der Kommunalpolitik, sondern generell in der Politik zu erhöhen?
Vor allem Frauen müssen etwas tun. Man kriegt nichts geschenkt in diesem Gewerbe. Frauen in der Politik müssen eine bestimmte Macht wollen und dazu stehen. Macht an sich ist nichts Negatives, nur Machtmissbrauch ist schlecht. Aber bis sich dieses Verständnis durchgesetzt hat, das dauert seine Zeit. Meine Mutter stammt aus einer Zeit, in der eine Frau ihren Mann fragen musste, ob sie einen Beruf ausüben darf. Im Vergleich dazu sind wir heute viel weiter.
Außerdem fehlt es an weiblichen Vorbildern, älteren Frauen, an denen eine junge Frau heute ihren eigenen Stil schärfen kann. Das schreckt junge Frauen sicher ab, in die Politik zu gehen. Aber je mehr wir jetzt werden, umso leichter wird es für die nächsten Generationen.
Das Interview führte Simone Schmollack, Freie Journalistin
Karoline Linnert, 50, Mitglied der Grünen seit 1979, ist seit 2007 Bürgermeisterin und Senatorin für Finanzen der Freien Hansestadt Bremen. Bei der Wahl zur Bremer Bürgerschaft am 13.Mai 2007 trat Linnert als Spitzenkandidatin von Bündnis 90/Die Grünen an, bei der die Partei mit 16,4 Prozent der Stimmen ihr bisher bestes Ergebnis in einem Bundesland erzielen konnten.