Kohle und Wasser: Probleme für die Ewigkeit

Interview

Der Kohleabbau hat den Wasserhaushalt schwerwiegend und langfristig gestört. Auch nach dem Kohle-Aus sind Wasserfragen weiter drängend und werden uns noch mindestens jahrzehntelang beschäftigen.  

Lesedauer: 14 Minuten
Vogelperspektive auf den allmählich voll laufenden Zwenkauer See im September 2008
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Blick auf den Zwenkauer See in Flutung (September 2008)

Bei den vielen negativen Auswirkungen des Kohleabbaus wird ein Aspekt häufig weniger beleuchtet: Die schwerwiegenden Folgen für den Wasserhaushalt. Um an die Kohle zu kommen, wurden Flüsse verlegt und werden stetig enorme Mengen an Grundwasser aus den Gruben herausgepumpt. Insbesondere bei der Rekultivierung - also Wiedernutzbarmachung - der Tagebau-Restlöcher sind Wasserfragen essenziell: Wie wird aus einem Tagebaurestloch eigentlich eine Bergbau-Folgelandschaft? Was sind die Vor- und Nachteile von Flutungen der Löcher? Wie können diese komplexen Prozesse möglichst nachhaltig und gerecht gestaltet werden? Über diese und weitere Fragen haben wir mit Dr. Mareike Pampus vom Institut für Strukturwandel und Nachhaltigkeit gesprochen.

 

Linda Leibhold: Erstmal eine ganz generelle Frage: Wann ist Strukturwandel nachhaltig?

Mareike Pampus: Das ist eine sehr große Frage! Die Frage ist dabei vor allem immer: Nachhaltig für was oder wen? Das interessiert mich auch als Sozialwissenschaftlerin: Wer benutzt solche Begriffe eigentlich wie?

Man kann über verschiedene Formen von Nachhaltigkeit sprechen: Sprechen wir über die Landschaften und Biodiversität oder den Erhalt von Habitaten? Oder sprechen wir darüber, dass etwas gerecht abläuft, dass es für Menschen bestimmte Zugänge gibt, dass Menschen daran teilhaben können? Partizipation - das ist eine andere Form von Nachhaltigkeit.

Wir müssen im Prinzip immer versuchen, bei dem Strukturwandel alles Mögliche unter einen Hut zu bringen. Es ist immer gut und schlecht für verschiedene Akteure und Akteurinnen, seien es Menschen, Pflanzen, Tiere, Anwohner*innen. Das kann ganz unterschiedlich aussehen. Deswegen glaube ich, dass es das Wichtigste ist zu versuchen, den Prozess möglichst partizipativ und transparent zu gestalten. Nur so können wir Entscheidungen über Kosten bewusst und auch mehrheitlich treffen. Dass wir sagen: „Wir machen das jetzt so und das ist gut für X und für Y ist es schlecht.“ Aber dass das nicht einfach als Nebeneffekt passiert, sondern transparent, bewusst und partizipativ.

 

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Deswegen glaube ich, dass es das Wichtigste ist zu versuchen, den Prozess möglichst partizipativ und transparent zu gestalten. Nur so können wir Entscheidungen über Kosten bewusst und auch mehrheitlich treffen.

(Mareike Pampus)

 

Linda Leibhold: Läuft das in der Praxis auch so ab? Vielleicht können Sie kurz sagen, wie überhaupt der Prozess ist, eine Bergbaufolge-Landschaft zu rekultivieren - wie wird das entschieden und umgesetzt?

Mareike Pampus: Im Bergrecht ist festgesetzt, dass der Betreiber des Tagebaus dafür zuständig und rechtlich dazu verpflichtet ist, die Landschaft wieder nutzbar zu machen. Man unterscheidet meistens grob zwischen Renaturierung und Rekultivierung.

Rekultivierungen sind landschaftliche Flächen, die dann genutzt werden - zum Beispiel für Agrar- oder Forstwirtschaft. Renaturierung sind eher Gebiete, wo ein „naturnaher“ Zustand wieder hergestellt werden soll, wo zum Beispiel Artenschutz Priorität hat. Und auch hier merkt man, dass es unterschiedliche Konzepte gibt: Was bedeutet es denn, eine Landschaft wieder „nutzbar“ zu machen? Also nutzbar für was oder wen? Oder was bedeutet ein „naturnaher“ Zustand? Was für eine Natur? Und wer hat eigentlich die Autorität? Wer wird als Experte oder Expertin gesehen? Wie wird das ausgehandelt? Natur für wen? Ein Beispiel zu verschiedenen Naturkonzepten ist die Frage der Rolle des Menschen darin. Wenn wir „Naturschutz“ hören, ist der Mensch oft exkludiert. Der Mensch wird eher als ein Störfaktor gesehen, der z.B. einen brütenden Vogel stören kann. Bei der Idee eines „Naherholungsgebiets“ hingegen steht der Mensch im Zentrum dieses Naturbegriffes. Die Natur ist eher dafür da, dass der Mensch sich darin erholen und wieder zu Kräften kommen kann. Das ist einfach eine ganz andere Vorstellung. Und ich glaube, oft laufen diese unterschiedlichen Konzepte unterschwellig mit und werden nicht unbedingt an der Oberfläche ausgehandelt. Dadurch können Konflikte entstehen, da von vornherein mit unterschiedlichen Vorstellungen gearbeitet worden ist.

 

Linda Leibhold: Können Sie exemplarisch schildern, wie das im Mitteldeutschen Revier läuft, wo Sie ja sehr involviert sind?

Mareike Pampus: Hier ist vor allem die MIBRAG verantwortlich - ein privates Unternehmen. Das heißt, wir haben da viel weniger Einsicht in einige der Prozesse. Dennoch ist das Unternehmen dazu verpflichtet, Gutachten erstellen zu lassen, zum Beispiel hydrogeologische Gutachten - Sie beschäftigen sich ja mit dem Thema Wasser -. Da geht es darum, woher das Wasser kommt, wie viel, etc. Diese Prozesse müssen immer auch genehmigt werden. Das Privatunternehmen kann nicht machen, was es will, sondern muss Genehmigungsverfahren durchlaufen, bevor es eine Landschaft wiederherstellen kann.

Die LMBV (Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbau-Verwaltungsgesellschaft mbH) betreut die Flächen, die in der DDR abgebaggert worden sind und wo der Verursacher nicht mehr da ist. Hier hat der Bund die Verantwortung übernommen und ist eingesprungen.

 

Was passiert, wenn wir keinen aktiven Tagebau mehr haben, wir also nicht mehr aktiv Wasser wegpumpen? Woher kommt das Wasser für noch entstehende Seen? Diesen neuen Fragen müssen wir uns jetzt stellen. Die Tragweiten sind plötzlich viel größer.

(Mareike Pampus)

 

Linda Leibhold: Sie sind keine Hydrologin oder Hydrogeologin, aber vielleicht können Sie uns kurz Ihre Einschätzung zur Nachhaltigkeit geben, dass man viele Tagebau-Löcher zu Seen rekultivieren möchte unter den Stichworten Klimakrise bzw. insgesamt geringerer Wasserverfügbarkeit?

Mareike Pampus: Dazu muss man wissen, dass wir das ja schon länger machen. Wenn Sie einen aktiven Tagebau haben, müssen Sie Wasser wegpumpen. Sie müssen ihn trockenlegen, um die Kohle abbauen zu können. Das heißt, es gibt „überschüssiges“ Wasser, was aus dem aktiven Tagebau weggepumpt worden ist. Und damit wurden dann Restlöcher verfüllt, wodurch eben diese Seen entstanden sind.

Jetzt stellt sich die Frage neu!

Was passiert, wenn wir keinen aktiven Tagebau mehr haben, wir also nicht mehr aktiv Wasser wegpumpen? Woher kommt das Wasser für noch entstehende Seen? Diesen neuen Fragen müssen wir uns jetzt stellen. Die Tragweiten sind plötzlich viel größer. In diesem Fall kommt das Wasser vor allem von Fließgewässern, also von Flüssen aus der Umgebung.

Und wir haben noch ein Problem: Über die große Oberfläche eines Sees haben wir einen größeren Wasserverlust. Ein stehendes Gewässer heizt sich schneller auf und ist deshalb so angenehm als Badesee. Sie baden vielleicht lieber in einem See als in einem Fluss. Das heißt aber auch, dass es eine größere Verdunstung gibt. Und je nachdem, wie groß die Fläche von diesem Tagebau-Restsee ist, verdunstet mehr Wasser, als Niederschlag fällt. Das heißt, wir haben einen höheren Wasserverlust.

Daher müssen wir auch mit betrachten, was dieser Wasserverlust dann für die Flüsse und die anliegenden Landschaften bedeutet. Das könnte z.B. für eine Auenlandschaft bedeuten, dass ihr plötzlich ein Drittel weniger Wasser zur Verfügung steht. Genau sowas schauen sich die entsprechenden Gutachten an.

 

Linda Leibhold: Auf der anderen Seite sind diese Seen ja auch attraktiv, zum Beispiel für die Anwohner*innen und auch häufig eine kostengünstige Lösung seitens der Unternehmen. Oft wird anhand des Beispiels des Zwenkauer Sees angebracht, dass es auch Vorteile bei der Flutung gibt hinsichtlich steigender Extremwetterereignisse. Kennen Sie sich aus, was da weitere Vorteile sind bezüglich der naturräumlichen Gegebenheiten?

Mareike Pampus: Beim Zwenkauer See ist die Besonderheit, dass er in einem Gebiet liegt, was Auenlandschaften waren. Für den aktiven Tagebau in dieser Region mussten sogar Flüsse verlegt werden. Das Auenland ringsum war Schwemmland und konnte den natürlichen Hochwasserschutz vorher übernehmen. Wenn Sie aber jetzt die Flüsse verlegen und die Räumlichkeiten begrenzen, in denen Überschwemmungen passieren können, muss das ausgeglichen werden. Und dafür bot es sich eben an, den Bergbaufolge-See so zu gestalten, dass er eben diese Ausgleichsfläche sein kann. Dann kamen ja auch die Hochwasserereignisse, sodass der See wirklich sehr schnell voll war und dort tatsächlich geholfen hat. Aber genau das ist immer einzelfallabhängig von den Gegebenheiten und der umliegenden Flusslandschaft.

 

Es ist immer einfacher gesagt, als getan: Ein Restloch zu füllen, ist eine schwierige Sache - sowohl geotechnisch als auch chemisch.

(Mareike Pampus)

 

Linda Leibhold: Gibt es denn bei der Flutung noch andere Herausforderungen, die man auf dem Schirm haben muss - abseits des gegebenenfalls zu geringen Wasserdargebots?

Mareike Pampus: Ja. Es ist immer einfacher gesagt, als getan: Ein Restloch zu füllen, ist eine schwierige Sache - sowohl geotechnisch als auch chemisch. Das hat alles Folgen.

Bei der abgebauten Kohle reden wir über mehrere Millionen Tonnen. Damit fehlen jetzt auch mehrere Millionen Tonnen an Untergrund. Was bleibt, ist ein riesiges Loch! Das wird verfüllt mit dem Abraum, sprich den ganzen Gesteinsschichten, die über der Kohle lagen. Die wurden aber so zerkleinert, dass sie quasi wie Sand sind. Es ist alles sehr gleichförmig, sehr homogen. Das wird wieder verschüttet und darauf soll dann der See entstehen - und das ist im Prinzip so ein bisschen wie auf Sand bauen! Wenn Sie beim Bau einer Sandburg versuchen, Wasser drauf zu kippen, kann es schnell passieren, dass Ihnen das ganze Ding wegrutscht. Sand hat die Eigenschaft, sich im feuchten Zustand selbst beinahe zu verflüssigen und dadurch wegzutreiben. Genau das Problem haben wir dort auch. Das heißt, man muss mit verschiedenen Techniken versuchen, das Restloch zu stabilisieren.

Da gibt es unterschiedliche Formen: zum Beispiel Böschungen - also der Rand des Sees –, die stabilisiert werden. Es wird auch viel mit Pflanzen gearbeitet. Auch das interessiert mich aus einer mehr-als-menschlichen Geografie heraus. Denn Pflanzen haben besondere Eigenschaften: Sie können mit ihren Wurzeln für Stabilität sorgen, aber auch den Boden wieder aufbereiten, der an sich sehr nährstoffarm ist. Dort können auch nicht so wahnsinnig viele Pflanzen leben, sondern nur bestimmte Pionierarten.

Auch ein gleichbleibender Wasserdruck hilft bei der Stabilisierung. Wenn Sie stark schwankende Pegel haben, kommt zu viel Bewegung hinein, wodurch das Risiko der Rutschungen steigt. Es ist alles komplizierter, als es zunächst mal klingt.

Und auch der entstehende See hat oft einen sauren pH-Wert. Das hat auch damit zu tun, dass im Gestein Oxidationsprozesse ablaufen und es dann zu Auswaschungen kommt. Wenn man möchte, dass Fische im See leben und Menschen drin schwimmen können, muss man diesen sauren pH-Wert ausgleichen. Das passiert oft mit Kalk, der wiederum auch aus einem Tagebau stammt. Wir haben hier also das Paradox, dass wir eine Landschaft wiederherstellen auf Kosten einer anderen Landschaft. Das sind alles Dinge, die oft nicht so bewusst sind, wenn man dann die hübsche Seenlandschaft um uns herum sieht. Es ist ein hoch spezieller und sehr aufwendiger Prozess, diese künstlichen Seen wiederherzustellen.

 

Insgesamt sollten wir weniger in die Richtung denken „Wir brauchen jetzt noch den größten aller großen Seen als touristisches Ziel“. Dafür gehen uns die Ressourcen aus.

(Mareike Pampus)

 

Linda Leibhold: Was sind denn abseits der Flutung Alternativen, einer Herstellung der Bergbau vor der Landschaft und jeweils deren Vor- und Nachteile?

Mareike Pampus: Wie gesagt, ich bin keine Hydrologin. Aber alle, die sich damit befassen, würden Ihnen jetzt sagen, es passiert automatisch, dass dann ein See entsteht. Ich habe ja eingangs schon gesagt, wenn man aktiven Bergbau betreibt, muss Grundwasser weggepumpt werden. Das heißt, sobald sie aufhören zu pumpen, steigt der Grundwasserspiegel von sich aus wieder an und der See würde sich dadurch auch wieder ganz „natürlich“ füllen. Das hat aber eine ganz andere Zeitlichkeit als die aktive Wiederherstellung, wie wir sie jetzt betreiben. Oft wird dann gesagt, die schnelle Wiederherstellung hat politische Gründe, damit das Gebiet rasch nutzbar ist als Naherholungsgebiet oder als Badesee. Gleichzeitig gibt es die bereits angesprochenen Problematiken der schlechten Stabilität bei starken Pegelschwankungen. Auch das Auswaschen dieser säurehaltigen Gewässer wirft Fragen auf, wie wir damit umgehen wollen. Mit anderen Worten: der Spielraum ist relativ gering, weil wir hier der Landschaft echt viel zugefügt haben!

Es gibt auch natürliche saure Seen, worin Organismen leben, die z.T. sogar in der Lage sind, den pH-Wert zu neutralisieren. Das sind vor allem Seen vulkanischen Ursprungs. Aber hier reden wir über mehrere hunderte bis tausende von Jahren. Es sind dementsprechend ganz andere Zeitskalen, wenn die Natur sich wiederherstellen soll.

Aktuell können wir (noch) über die Größe von entstehenden Seen nachdenken - wie jetzt der Cottbuser Ostsee, der vor Kurzem gestoppt wurde. Da ging es nicht um die Frage, ob ein See entstehen soll oder nicht – das ist ein bisschen alternativlos. Aber die Frage der Größe ist zumindest etwas, wo wir versuchen können, mit einer geringeren Größe auch Wassermengen zu sparen.

Insgesamt sollten wir weniger in die Richtung denken „Wir brauchen jetzt noch den größten aller großen Seen als touristisches Ziel“. Dafür gehen uns die Ressourcen aus.

 

Linda Leibhold: Und wie werden andere Rekultivierungen anstelle von Flutungen zum Beispiel im Sinne einer landwirtschaftlichen Nutzung oder eines Naturschutzgebiets gegeneinander abgewogen? Wie kann ich mir das vorstellen?

Mareike Pampus: Das passiert ja auch, denn die Gebiete sind viel größer als der See. Es fehlt eben eine wahnsinnig große Fläche Untergrund, den wir nicht mehr haben. Das heißt, es bleibt ein Loch bestehen und das wird dann eben automatisch verfüllt, wo das Wasser ansteigt.

Man könnte versuchen, die Löcher kleiner zu gestalten und mehr Landschaft drumherum zu schaffen, zum Beispiel für Naturschutz oder auch zur Rekultivierung. Doch wie gesagt, die Böden sind extrem nährstoffarm. Da wächst auch erstmal nichts. Gegebenenfalls muss Mutterboden aufgebracht werden. Den müssen Sie auch irgendwo herhaben. Wir haben im Moment zudem Mangel an Samen und Pflanzen, die sind gar nicht mehr so leicht zu bekommen. Das sind alles Dinge, die mit berücksichtigt werden müssen bei der Wiederherstellung der Landschaft.

Ich kann Ihnen jetzt leider nicht sagen „so machen wir es am besten“, denn es wird immer mit gewissen Kosten und immer mit Vor- und Nachteilen verbunden sein. Wir müssen versuchen, die Entscheidungen bewusst zu treffen mit den entsprechenden Folgen für Pflanzen, Tiere, Menschen. Es gibt keine „One-fits-all-Lösung", sondern es kommt immer auf die geografischen Bedingungen vor Ort an.

 

Gerade, wenn es sonst private Firmen sind, sollte man unabhängigere Gutachten erstellen, die im Idealfall noch eine größere Skala abdecken: sowohl zeitlich, als auch räumlich. Insbesondere, wenn es um das Thema Wasser geht, müssen wir in sehr großen Räumen denken.

(Mareike Pampus)

 

Linda Leibhold: Es ist also sehr kompliziert und im Einzelfall zu planen. Es sind immer Kosten und Nutzen gegeneinander abzuwägen. Vielleicht als letzte Frage: Was wird denn politisch gebraucht auf landespolitischer Ebene bis hin ins Kommunale, um die Prozesse gerechter, nachhaltiger und transparenter zu gestalten?

Mareike Pampus: Wir müssen von dem Denken in Bundesländergrenzen weggehen. Beim Mitteldeutschen Revier sind z.B. Sachsen, Sachsen-Anhalt als auch noch ein Zipfel von Thüringen involviert. Und dann noch mal insbesondere, wenn wir über das Thema Wasser sprechen – da sind Landesgrenzen wenig hilfreich. Ich könnte mir gut vorstellen, dass das eigentlich eher ein Thema ist, was langsam auf Bundesebene gehoben werden muss. Dass wir darüber nachdenken, wie die Landschaft gestaltet werden soll in unserem postfossilen Zeitalter. Da könnte ich mir auch gut vorstellen, dass es sinnvoll wäre, auf Bundesebene eigene hydrogeologische Gutachten erstellen zu lassen. Dafür haben die Länder weder das Geld noch die Kapazitäten. Gerade, wenn es sonst private Firmen sind, sollte man unabhängigere Gutachten erstellen, die im Idealfall noch eine größere Skala abdecken: sowohl zeitlich, als auch räumlich. Insbesondere, wenn es um das Thema Wasser geht, müssen wir in sehr großen Räumen denken. Und dass jetzt auch auf das Bergbauunternehmen abzuwälzen, ist wahrscheinlich nicht der sinnvollste Weg. Da überwiegen dann oft einfach ökonomische Gründe - auch verständlicherweise. Ich könnte mir vorstellen, dass wenn auf Bundesebene diesbezüglich mehr eigene Expertise aufgebaut und eher versucht wird, dies wirklich als politischen Prozess zu gestalten und zu diskutieren, wir diese ganzen Entscheidungen bewusster treffen können.

 

Porträtaufnahme Mareike Pampus

Mareike Pampus:

Mareike Pampus ist promovierte Ethnologin und wissenschaftliche Mitarbeiterin sowohl am Institut für Strukturwandel und Nachhaltigkeit (HALIS) als auch in der Humangeographie an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU). Vor ihrer Arbeit an der MLU war sie am Max Planck Institut für ethnologische Forschung angestellt. In ihrer aktuellen Post-doc-Forschung beschäftigt sie sich mit verschiedenen Konzepten von „Natur“ in Renaturierungsprozessen von Bergbaufolgelandschaften. Der analytische Schwerpunkt liegt dabei auf Kultur-/Natur-Debatten, Mensch-Umwelt-Beziehungen, mehr-als-menschlichen Geographien und Landschaftsethnographie.

 

Das Interview führte Linda Leibhold im Juni 2023.