Wilhelm Otto Schumann

Wilhelm Otto Schumann

Wilhelm Otto Schumann kam am 21. November 1886 in Meißen zur Welt. Er besuchte dort das bekannte St. Afra Gymnasium und studierte in Lausanne und Leipzig Philosophie, Geschichte und Germanistik sowie in Marburg und Leipzig evangelische Theologie. Am 11. Januar 1914 wurde Schumann zum Pfarrer (Pfr.) in Grünstädtel / Pöhla im Erzgebirge ordiniert und heiratete im gleichen Jahr seine Jugendliebe, Elisabeth geb. Fiedler, mit der er drei Söhne und zwei Töchter hatte.

Zeitzeugen beschreiben Pfr. Schumann als offenen, weltgewandten und liberalen Theologen mit vielfältigen Interessen und wachem politischen Geist. Dieser ließ ihn eine kritische Distanz zum NS-Regime halten und ab 1933 im Pfarrernotbund und später auch in der Bekennenden Kirche aktiv werden. Die Bekennende Kirche war ein Zusammenschluss innerhalb der Evangelischen Kirche, der sich gegen die Versuche der „Deutschen Christen“ wandte, diese mit dem NS-Staat gleichzuschalten. In Sachsen erreichten diese Versuche ihren vorläufigen Höhepunkt, als sich die Synode der Evangelischen Kirche im Dezember 1934 zur völkisch-rassistischen Ideologie des NS-Staates bekannte. In These 1 der „28 Thesen zur Volkskirche“ hieß es: „Die Volkskirche bekennt sich zu Blut und Rasse, weil das Volk eine Blut- und Wesensgemeinschaft ist.“ Und These 5 erklärte: „Weil die deutsche Volkskirche die Rasse als Schöpfung Gottes achtet, erkennt sie die Forderung, die Rasse rein und gesund zu erhalten, als Gottes Gebot.“ Die „Deutschen Christen“ hatten mithilfe des NS-Staates nun die Machtpositionen in der Evangelischen Kirche übernommen und etablierten auch in den kirchlichen Strukturen Sachsens ihr völkisches Denken. Sie übernahmen den für die Behörden des NS-Staates geltenden Arierparagraphen, nachdem niemand mit jüdischer Abstammung im staatlichen Dienst arbeiten durfte und entfernten Menschen mit jüdischen Vorfahren aus dem kirchlichen Dienst.

Pfr. Schumann selbst bekannte sich zum christlich-jüdischen Menschenbild zuletzt in seiner Predigt vom 11. Februar 1945, nur zwei Tage vor dem Bombenangriff, bei dem er selber zu Tode kam: „...Dich wieder zu lieben in denen, die Du uns zu Brüdern und Schwestern geschaffen hast, auch wenn uns jetzt so viele blutige Fronten voneinander trennen...“ sagte er darin. Mit Bezug auf den Predigttext aus 1 Kor 13, in dem der Apostel Paulus die christlich-jüdische Kernbotschaft in der Trias „Glaube, Liebe, Hoffnung“ zusammenfasst, bekannte Schumann, dass diese Haltung stärker sei als „irdische Gewalthaber und menschliche Gemeinheit“. Allerdings kam seine klare Haltung in einer öffentlich gehaltenen Predigt zu einem Zeitpunkt, als das „Dritte Reich“ bereits erkennbar in Trümmern lag. Schumanns klare Haltung blieb außerdem auch innerhalb der Bekennenden Kirche, die insgesamt an ihrer Zustimmung zum NS-Staat und dem von ihm entfesselten Weltkrieg festhielt, eine Seltenheit.

Pfr. Otto Schumann, seine Frau, seine Tochter mit ihrem acht Monate alten Kleinkind sowie zwei weitere Pfarrersfamilien und Bewohner*innen des Pfarrhauses der Kreuzkirchengemeinde starben in der Nacht vom 13. zum 14. Februar 1945 beim ersten Bombenangriffe auf Dresden im Luftschutzraum des Pfarrhauses. Von seiner siebenköpfigen Familie überlebten nur die älteste Tochter Ursula und der 17-jährige Sohn Gottfried den Krieg.