"Wenn du nicht mal die Krümel bekommst" Ausstellung zu Obdachlosigkeit, Wohnen und eine Kritik am Housing First in Dresden
Wenn Du nicht mal die Krümel bekommst
Die BettelLobby hat sich mit dem Housing First-Konzept auseinandergesetzt und sich die Realisierung in verschiedenen Städten in Deutschland und Sachsen angeschaut. Am Anfang stand die Idee, eine Ausstellung ausschließlich zur Kritk am Housing First-Konzept in Dresden zu machen. In der Auseinandersetzung mit dem Modellprojekt in Dresden sind uns Leerstellen aufgefallen: Auffällig war, dass die Bedürfnisse von Obdach- und Wohnungslosen nie und nirgends Berücksichtigung fanden. Deshalb haben wir begonnen, Interviews mit Obdachlosen in Dresden zu führen. Wir wollten wissen, wie Obdach- und Wohnungslose im Moment leben, wie lange sie schon obdachlos sind, von wem sie Unterstützung bekommen, wie sie wohnen wollen und mit wem - also ohne Zwang - einfach welche Wünsche bestehen. Die Ausstellung bietet Informationen zu Housing First, eine Kritk, Einblicke zu Obdachlosigkeit und Corona. Außerdem zeigt sie Kämpfe um Wohnraum. Die Interviews der Obdachlosen sind Teil der Ausstellung und außerdem geht es darum, bei einem Picknick ins Gespräch zu kommen. Was ist Housing First? Ein paar Fakten Im Koalitionsvertrag der neuen Regierung wird das Ziel formuliert, bis 2030 Wohnungs- und Obdachlosigkeit zu überwinden. Unter Anderem wird dort in Bezug auf junge Menschen vom sogenannten Housing First gesprochen, dessen Konzept in den 1990er Jahren vor allem in den USA entwickelt wurde. Auch in Dresden gibt es seit letztem Sommer ein Modellprojekt zum Housing First, das im Frühjahr 2022 evaluiert werden soll. Das Housing First-Konzept will Wohnungs- und Obdachlosigkeit überwinden, anstatt sie zu verwalten. Es basiert auf Freiwilligkeit. Zentral im Housing First ist, dass obdachlosen Menschen eine Wohnung kostenfrei zur Verfügung gestellt wird, ohne diese Leistung an irgendwelche Bedingungen zu knüpfen. Wohnungslose bekommen somit ohne Bedingung eine bezahlbare und dauerhafte Wohnung. Sie müssen nicht der Norm entsprechen, angepasst oder suchtfrei sein. Housing First ist bedarfs- und subjektorientiert, ohne soziale Kontrolle und Disziplinierung. Dabei wohnen Obdachlose überall in der ganzen Stadt, anstatt nur an den Stadträndern. Housing First ist eine widerständige Praxis, die Entmündigung kritisiert.
Das Housing First-Konzept will Wohnungs- und Obdachlosigkeit überwinden, anstatt sie zu verwalten. Es basiert auf Freiwilligkeit. Zentral im Housing First ist, dass obdachlosen Menschen eine Wohnung kostenfrei zur Verfügung gestellt wird, ohne diese Leistung an irgendwelche Bedingungen zu knüpfen. Wohnungslose bekommen somit ohne Bedingung eine bezahlbare und dauerhafte Wohnung. Sie müssen nicht der Norm entsprechen, angepasst oder suchtfrei sein. Housing First ist bedarfs- und subjektorientiert, ohne soziale Kontrolle und Disziplinierung. Dabei wohnen Obdachlose überall in der ganzen Stadt, anstatt nur an den Stadträndern. Housing First ist eine widerständige Praxis, die Entmündigung kritisiert. Was stimmt in Dresden nicht? Housing First in Dresden kann inhaltlich nicht halten, was sein Titel verspricht. Ausgeschlossen sind: Menschen, die nicht allein leben, etwa Paare oder Familien, ebenso Menschen aus dem europäischen Ausland, die keine Unterstützung nach dem Sozialgesetzbuch erhalten, auch Menschen „mit schweren kognitiven Beeinträchtigungen, […] akuten Suchtproblemen [und] schweren Messitendenzen“. Damit wird das Grundprinzip von Housing First nicht erfüllt. In Dresden haben die, die es am dringendsten bräuchten keinen Zugang zum Housing First. Daher ergeben sich viele Fragen am Dresdner Modell: Was ist der Ursprung der Ausschlusskriterien?Warum werden in Dresden Erkenntnisse, die in ganz Europa bestätigt werden können, noch einmal neu erforscht ? Warum können Menschen mit Suchterkrankungen und anderen psychischen Problemen in Dresden nicht an Housing First teilnehmen? Wie weiter? Obdachlose Menschen benötigen ganz einfach Wohnungen. Die Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften erfüllt das Recht auf Wohnen nicht. Die eigene Wohnung ist der beste Schutz. Wer keine Wohnung zur Verfügung hat, dem werden auch andere Rechte wie das Recht auf Teilhabe, Familie, Freundschaftspflege und Gesundheit verwehrt. Deshalb fordern wir eine Umsetzung des Housing First, das den Namen verdient. Alle Ausschlusskriterien müssen gestrichen werden, auch müssen EU-Bürger:innen und nicht-Alleinstehende Wohnraum erhalten. Die Wohnungen müssen in zentraler städtischer Lage sein. Housing First braucht eine angemessene finanzielle und personelle Ausstattung, außerdem müssen in die Überarbeitung des Housing First-Konzepts praktisch arbeitenden Fachkräfte eingebunden werden. Es braucht einen Beirat. Die Wohnungslosenhilfe muss vom Ordnungsrecht rein ins Sozialrecht!