Wasserkrise: Stadt im Umbruch

Knapp 80 Prozent aller Menschen in Deutschland leben in Städten (1). Tendenz steigend.

Es sind genau jene Orte, die als besonders verletzlich in der Klima- und Wasserkrise gelten. In heißen Tagen bilden sich Hitzeinseln, da sich Gebäude und Straßen extrem aufheizen. Das Kühlen von Gebäuden ist energieaufwendig bzw. ein erheblicher Eingriff ins Grundwasser, wenn dieses zur Kühlung benutzt wird. Bereits heute benötigen Kälte- und  Klimaanlagen allein 14 Prozent der Elektroenergie in Deutschland (2).
Vielen Tieren und Pflanzen geht das Wasser aus. Auch die Trinkwasserversorgung ist schon heute in Metropolen wie Hamburg, Frankfurt/Main und Berlin eine große Herausforderung. Die Gebiete, aus denen sie ihr Wasser beziehen, haben selbst mit zunehmender Trockenheit und sinkenden Wasserständen oder Verschmutzungen zu kämpfen.

Und auch auf Starkregen sind unsere Städte aktuell wenig vorbereitet. Die Wassermassen stürmen die Kanalisation und lassen sie rasch voll laufen, so dass es zu Überschwemmungen kommt. Mit vielen Schadstoffen, ob Öl vom Auto, Fassadenfarbe oder Giftstoffe aus Zigarettenkippen sowie Mikroplastik aus Reifenebrieb sucht sich dieses Wasser seinen Weg in Böden sowie naheliegende Gewässer und verschmutzt sie.

Schwammstadt: Die Stadt als Schwamm

Städte müssen sich an die Klimakrise anpassen. Zentraler Punkt ist, das Wasser in der Stadt zu halten - ähnlich wie ein Schwamm:

  • Mehr Grün!
    Sowohl Gründächer, Grünflächen, Fassadenbegrünung und mehr Bäume können Wasser speichern und allmählich verdunsten. Das schafft ein angenehmeres Klima. Mehr Grün sichert Lebensräume und Nahrungsquellen für kleinere Tiere in der Stadt.
  • Mehr Blau!
    Gewässer in der Stadt sorgen für mehr Abkühlung. Versickerungsflächen und unterirdische Wasserbecken (Zisternen) helfen, das Wasser in der Stadt zu halten.
  • Weniger Grau!
    In der Stadt der Zukunft werden keine neuen Flächen versiegelt. Im Gegenteil: Straßen werden rückgebaut und zu Erholungsoasen. Vorhandener Baubestand wird effizient genutzt. Innenstädte erleben eine (Wieder)-Belebung.

 

Schützen und Anpassen

Kluge Stadtplanung schützt wirksam Klima und Umwelt und entwickelt Strategien für den Umgang mit der Wasserkrise.
Kommunen sind Schlüsselakteure im Umwelt- und Klimaschutz, aber auch in der Anpassung ihrer Region an die Klima- und Wasserkrise. Dafür zentrale Aufgaben wie Stadtgrün, Mobilität, Energie- und Trinkwasserversorgung sowie Abwasserentsorgung liegen in kommunaler Hand.

Folgende Aufgaben gilt es dabei zu bewältigen:

  • KLIMAANPASSUNG
    • effiziente und sparsame Wassernutzung
    • Wasserleitungssystem optimieren, ggf. vernetzt im Leitungsverbund, um die Trinkwasserversorgung abzusichern
    • kommunale Wasserbedarfspläne und Wasserkonzepte erstellen; Entwickeln einer Wassernutzungshierarchie
    • umfassendes Monitoring des Wasserdargebots und Erstellen von Prognosen zur Entwicklung von Klima und Wasserverfügbarkeit
    • Vorsorge für zwei Extreme: Starkregen und in Folge dessen Hochwasserereignisse sowie Trockenheit und Hitze durch ein flexibles Wassermanagement, Umsetzung des Schwammstadt-Konzepts und Flächenentsiegelungen
  • KLIMASCHUTZ
    • nachhaltiges Wassermanagement durch Reduktion von Treibhausgasen bei der Abwasseraufbereitung und Reduzierung des Warmwasser-Verbrauchs
    • Grüne Stadt: mehr Grün in der Stadt etablieren (Dach- und Fassadenbegrünung, Bäume, Gehölze)
    • umweltfreundliche Mobilität stärken und ausbauen
    • Energieverbrauch senken und Erneuerbare Energien fördern (z.B. Solar auf öffentlichen Dächern)

Als Stellwerke für eine nachhaltige Zukunft brauchen Kommunen Know How, Engagement und Unterstützung. Finanzielle, strukturelle und rechtliche Rahmenbedingungen müssen den neuen Anforderungen angepasst werden, so dass Kommunen handlungsfähiger sind.
Verwaltungen sind bereits heute oft an der Belastungsgrenze. Für neue Anforderungen braucht es ausreichend qualifiziertes Personal sowie funktionierende Organisationsstrukturen, einen deutlich besseren Informationsfluss zwischen allen Beteiligten sowie Transparenz nach außen.
Bürgerbeteiligung sorgt für mehr Akzeptanz bei der Umsetzung von Maßnahmen.

Stadt der Zukunft ansehen

Was erwartet uns in der Stadt der Zukunft?
Die Helmholtz Klimainitiative lädt ein zu einem interaktiven Stadtspaziergang.

Kommunen auf dem Weg - ausgewählte Beispiele

Viele Kommunen sind bereits auf dem Weg in Richtung Klimaanpassung und Klimaschutz. Doch stehen sie dabei oft vor großen Herausforderungen.
Es müssen Routinen entwickelt werden, wie trotz der hohen Komplexität der Themen, Entscheidungen getroffen werden. Viele Akteur*innen und Entscheider*innen sitzen an einem Tisch und müssen gemeinsam einen Weg finden. Genehmigungsverfahren sind oft langwierig und bürokratisch.

Dass Veränderungen trotzdem möglich sind, zeigt die folgende kleine Auswahl.

Leipzig (Sachsen)

Leipziger BlauGrün
In Leipzig-Eutritzsch entsteht auf 25 Hektar ein neues wasser- und energieeffizientes Stadtquartier mit rund 2.100 Wohnungen auf dem Gelände eines ehemaligen Güterbahnhofs. Die Planungen begleiten Forscher*innen des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ).
Ziel ist es, das Niederschlagswasser im Quartier zu halten. Es speist das Grün im Stadtteil, das ein angenehmes Mikroklima für die Bewohner*innen schafft. Und das zentrale Abwassersystem wird entlastet. Dabei wird auf Bewährtes - vor allem des Schwammstadt-Konzepts -, aber auch auf neue Technologien gesetzt.

Stralsund (Mecklenburg-Vorpommern)

Klimapositive Städte und Gemeinden
Die Hansestadt Stralsund beteiligt sich an der Initiative "Klimapositive Städte und Gemeinden". Kommunen kommen hier zusammen, tauschen Wissen aus und entwickeln gemeinsam konkrete Lösungen für Klimaschutz und Klimaanpassung vor Ort. Wie das gemeinsam mit Bürger*innen vor Ort gelingen kann, ist im Projekt „Vorschlag und Erprobung eines Partizipationsportfolios zur Optimierung von Beteiligungsprozessen zur Weiterentwicklung der deutschen Klimaanpassungsstrategie (DAS)“ des Kompetenzzentrums Klimafolgen und Anpassung (KomPass) im Umweltbundesamt unter Beteiligung Stralsunds "erprobt" worden.

 

Elsterwerda & Bad Liebenwerda (Brandenburg)

Regenberater*innen
Regenberater*innen in Elsterwerda und Bad Liebenwerda ermutigten Bürger*innen durch gezielte Kommunikation, Vorkehrungen gegen Starkregenereignisse zu treffen. Mit Nachbarschaftsberatungen, Stadtteilworkshops oder Infoständen suchten sie das direkte Gespräch. Mehr Bürger*innen sollten für Starkregenvorsorge sensibilisiert und zur aktiven Selbstvorsorge - etwa durch den Einbau von Rückstauklappen bzw. das Schaffen von Versickerungsflächen - angeregt werden.
Die Beratung fand im Rahmen des Projekts „Regen//Sicher“ des Umweltbundesamts statt.

 

Hamburg

Das Projekt RISA
RISA steht für Regen-Infra-Struktur-Anpassung und ist Teil einer wassersensiblen Stadtentwicklung in Hamburg. Projektziel ist die Entwicklung eines naturnahen Wasserhaushalts in der Stadt, wo Regen vor Ort gehalten das Grün mit lebenswichtigem Wasser versorgt und zu einem angenehmen Mikroklima in der Stadt beiträgt. Das Kanalsystem wird auf diese Weise entlastet, Überflutungen vorgebeugt und Wasser für Trockenperioden zurückgehalten. U.a. mit Gründachstrategie und Fassadenbewuchs, der Ausweisung von Flächen ausschließlich für die wasserwirtschaftliche Nutzung, aber auch geförderten Objektschutzmaßnahmen für Hausbesitzer*innen ist seit Start des Projekts (2009) einiges erreicht worden.

Ein Superblock entsteht
Ein Superblock macht Straßenraum zu Lebensraum. Einer entsteht in Hamburg (Eimsbüttel). Ziel ist es, mit mehr Grünoasen und Verkehrsberuhigung für mehr Lebensqualität in der Stadt zu sorgen. Es sollen Begegnungs- und Ruheräume mitten in der Stadt geschaffen werden. Neben den Menschen profitieren davon auch Umwelt und Klima.

Politik muss handeln

  • Flächen entsiegeln statt weiterer Versiegelungen.
  • Länder & Kommunen: ambitionierte Klimapläne aufstellen, Konzepte zur Anpassung an die Klimakrise entwickeln, Klimaschutzmanager*innen fest anstellen.
  • Länder & Kommunen: umfassendes Monitoring des Wasserdargebots und Erstellen von Prognosen zur Entwicklung von Klima und Wasserverfügbarkeit
  • Länder & Kommunen: bei der Entwicklung thermischer Bewirtschaftungspläne beachten, dass das Grundwasser vor thermischen Veränderungen geschützt wird, die Auswirkungen auf die Grundwasserqualität haben
  • Kommunen: kommunale Wasserbedarfspläne und Wasserkonzepte erstellen; Entwickeln einer Wassernutzungshierarchie
  • Bund: Klimaanpassung als staatliche Daueraufgabe festschreiben und Länder sowie Kommunen unterstützen.

 

Was ich tun kann

  • Du willst Deine Region fit für die Zukunft machen? Wie es gehen könnte, zeigen Dir
  • Rege in Deiner Kommune Gründächer und Fassadenbegrünung an sowie das Auffangen von Regen etwa in Zisternen bzw. Sickeranlagen auf öffentlichen Flächen.

Themensammlung: Wasserkrise in Deutschland

In unserer umfangreichen Themensammlung zum Thema Wasser finden sich weitere und vertiefende Informationen.
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