Boxend erinnert das Spirit of Bayon

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T-Shirt in Erinnerung an Trollmann
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T-Shirt, Spirit of Bayon - Khmer Boxing Dresden in Erinnerung an Rukeli Trollmann

In Erinnerung an die Opfer des deutschen Wahns

Am 27. Januar 1945, also ein knappes halbes Jahr vor dem Kriegsende in Europa, befreiten sowjetische Soldaten der 322. Infanteriedivision der 60. Armee der 1. Ukrainischen Front das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz. Unter den Befreiern befanden sich auch viele Juden und es war Major Anatolij Schapiro der das Tor von Auschwitz öffnete. Den Rotarmisten bot sich ein fürchterlicher Anblick. Im Lagerkomplex fanden sie nur noch wenige, vollkommen entkräftete Überlebende vor. Für viele der angetroffenen Überlebenden kam die Hilfe jedoch zu spät und sie starben trotz medizinischer Hilfe in den folgenden Tagen. Die SS hatte noch eine Woche vor dem Eintreffen der sowjetischen Truppen ungefähr 60.000 Insassen „evakuiert“, was in typisch euphemistischer und zynischer NS-Manier nichts anderes als sie zu erschießen bzw. auf Todesmärsche zu schicken bedeutete. Insgesamt wurden in Auschwitz-Birkenau etwa 1,1 Millionen Menschen ermordet – darunter eine Million Jüdinnen und Juden sowie circa 20.000 Sinti und Roma. Auschwitz wurde als größtes der nationalsozialistischen Vernichtungslager zum Symbol für die deutschen Verbrechen sowie die Shoah und den Porajmos und der 27. Januar zum Gedenktag an die Opfer des Nationalsozialismus.

Im Zuge der übernommenen Patenschaft für das Denkmal für den Boxer Johann Wilhelm Trollmann wollen wir an ihn, der in einem KZ erschlagen wurde, und die vielen anderen Opfer des deutschen Wahns erinnern. Denn das Gedenken an die Toten ist, wie es Samuel Salzborn treffend formulierte, „das Kleine und Wenige, das im Angesicht der Barbarei zu leisten ist, um die Opfer nie zu vergessen.“ Dazu wollen wir, nachdem wir in den letzten Veröffentlichungen das Leben und Schicksal von Rukeli Trollmann beleuchtet haben, aus aktuellem Anlass die nationalsozialistische Verfolgung der Sinti und Roma, die im Porajmos, also im Völkermord an den Sinti und Roma gipfelte, beleuchten.

Schon vor der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 war die Minderheit der Sinti und Roma diskriminierender und antiromaistischer Gesetzgebung und auch Vernichtungswünschen ausgesetzt. In der Nazi-Zeit wurde die Lage noch einmal verschärft und die Verfolgung vollzog sich in mehreren Phasen und Eskalationsstufen. Während in der Frühphase des “Dritten Reichs” zunächst kaum eine Veränderung in der (Un-) Politik den Sinti und Roma gegenüber zu erkennen war, vielmehr eine Kontinuität zu beobachten war, lassen sich dennoch bereits erste Veränderungen erkennen. Rukeli Trollmann wurde ja nicht aus sportlichen, sondern aus ideologischen, sprich nazistischen und rassistischen Gründen 1933 der Deutsche Meistertitel im Boxen aberkannt. Außerdem wurden in verschiedenen Kommunen “von unten” “Zigeunersammellager” eingerichtet. Weiterhin darf nicht übersehen werden, dass Sinti und Roma in dieser ersten Phase bereits Opfer rassistischer Gesetzgebung waren: Hunderte wurden wie Johann Wilhelm Trollmann aufgrund des “Gesetzes zur Verhütung von erbkranken Nachwuchses” zwangssterilisiert und aufgrund des “Gesetzes zum Schutz der Erbgesundheit des deutschen Volkes” zusätzlich diskriminiert. Wenn sie es nicht schon vorher waren, wurden Sinti und Roma dadurch zu Bürgern minderen Rechts und aus der deutschen “Volksgemeinschaft” ausgeschlossen.

Der Start der zweiten Phase der antiromaistischen Politik Nazi-Deutschlands kann mit der “vorbeugenden Verbrechensbekämpfung” des 1937 gegründeten Reichskriminalpolizeiamtes (RKPA) datiert werden.”Asoziale”, “Berufsverbrecher”, “Schmarotzer” und “Gewohnheitsverbrecher” konnten von nun an auf unbestimmte Zeit in Konzentrationslager inhaftiert werden. Stereotype Zuschreibungen ermöglichten es, dass Sinti und Roma durch diese Maßnahme verfolgt wurden, auch wenn sie nie als Straftäter in Erscheinung getreten waren. Über 2.000 Sinti und Roma wurden deshalb in KZs deportiert. Die Zunehmende Wichtung der “Kriminalbiologie” und rassenhygienischer Sichtweisen führten zu einer weiteren Verschärfung der Verfolgung. Im Jahre 1938 wurde von Heinrich Himmler bekannt gegeben, dass die “Zigeunerfrage aus dem Wesen der Rasse heraus” zu lösen sei, woraufhin es zur Errichtung der “Reichszentrale zur Bekämpfung des Zigeunerwesens” kam.

Der deutsche Überfall auf Polen am 1. September 1933 bedeutete eine weitere Eskalation in der Verfolgung. Das “Umherziehen” und das Verlassen des eigenen Wohnortes wurde noch im gleichen Jahr verboten. Im April des folgenden Jahres deportierten die Deutschen 2.800 als “Zigeuner” und “Zigeunermischlinge” stigmatisierte Menschen nach Osten. Da keine Vorbereitungen getroffen wurden, überlebte die Hälfte nicht. Im Jahre 1941 setzen zwar (vorerst) die Deportationen aus dem Deutschen Reich aus, aber zahlreiche Sinti und Roma, die sich in Osteuropa in deutschen Einflussgebieten befanden, wurden von SS-Einheiten, Polizeikräften und Wehrmachtsangehörigen ermordet. Bereits Ende des Jahres vereinzelt und 1943 schließlich komplett setzten die Deportationen wieder ein. So wurden bspw. ca. 22.600 Sinti und Roma ins “Zigeunerlager” Auschwitz-Birkenau verschleppt. Fast 20.000 starben an den Bedingungen im Lager (Zwangsarbeit, rassenpolitische “medizinische” Versuche). Diejenigen, die diese Tortur überlebten, wurden im August 1944 von der SS vergast. Die nationalsozialistische Bürokratie konnte sich in ihrem Vernichtungswahn wie bei der “Endlösung der Judenfrage” auf den fehlenden Widerspruch aus der und die antiromaistischen Einstellungen in der Bevölkerung verlassen.

Zwischen 200.000 und 500.000 Sinti und Roma sind dem deutschen Massen- und Völkermord zum Opfer gefallen - unter ihnen auch Johann Wilhelm Trollmann. Ihnen und den anderen Opfern der deutschen Barbarei möchten wir heute gedenken, an sie erinnern und ihr Schicksal nicht vergessen. Dabei soll es aber nicht bleiben. Der Umgang, besser gesagt Nichtumgang in der Nachkriegszeit mit dem Völkermord, die starke antiromaistische Hetze und pogromartigen Ausschreitungen Anfang der 90er Jahre und der bis heute vorhandene Hass auf Sinti und Roma zeigen die Persistenz eines Resentiments, dass es aufzuzeigen, zu kritisieren und zu bekämpfen gilt. Joachim Bruhn hat vor nun schon fast 30 Jahren gerade auch in Verbindung zum Antisemitismus treffend aufgezeigt, wie sich der resentimentgeladene Wahn äußert: “Die ´antiziganistische´ und erst recht antisemitische Projektion erläßt ex negativo den Befehl, sich nützlich zu machen, vorauseilenden Gehorsam zu beweisen, dem Kapital und seinem Staat die geheimsten Wünsche von den Lippen abzulesen; der staatsfanatische Gesetzesbruch, der Anschlag auf Leib und Leben der ´Asozialen´ demonstriert dem Staat, daß er sich auf sein Volk verlassen kann. Volksgemeinschaft soll die höchsteigene Asozialität überdröhnen.”



Spirit of Bayon - Sport- und Kulturkollektiv Dresden

Interview:

https://www.addn.me/kultur/ein-begnadeter-techniker-spirit-of-bayon-gym…