Ausbruch aus der Sucht - Fotos, Therapie & Ideen aus der JVA Zeithain

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Blick auf die Ausstellung Ausbruch aus der Sucht

Die 16 Banner der Ausstellung präsentieren ein bisher einmaliges Projekt aus einem sächsischen Gefängnis. Der Helsinkier Fotograf Veikko Kähkönen hat zusammen mit der Justizvollzugsanstalt Zeithain und einer Gruppe von Gefangenen der dortigen Suchttherapiestation ein Fotografie-Projekt entwickelt. Das Aufeinandertreffen von Welten, die nicht nur im Hinblick auf die geografische und kulturelle Herkunft gegensätzlicher kaum sein könnten.

Veikko Kähkönen ist in Europa und Südafrika als Mode-Fotograf tätig; die Gefangenen befanden sich aufgrund langjähriger Crystal-Abhängigkeit in suchttherapeu­tischer Behandlung in der Justizvollzugsanstalt Zeithain.

Das Gefängnis als Bühne und Panoptikum

Das Gefängnis ist eine Bühne - in Deutschland, in Finnland, überall auf der Welt. Es wird schnell deutlich, warum der Gang eines Gefägnistraktes in der deutschen Knast-Sprache als "Piste" bezeichnet wird, der Zellengenosse als "Budenspanner". Die Intensität des Beobachtens und Beobachtetwerdens in einer totalen Institution wie dem Gefängnis ist ungleich höher, als es im menschlichen Alltag - am Arbeitsplatz oder im Supermarkt - der Fall ist. Wenn also Menschen im Gefängnis - Gefangene, Gefängnismitarbeiter und Besucher - die Gänge und Höfe passieren, spielen sie ihre spezifischen Rollen.

Vielleicht ist die besondere Form, Menschen in einem Gefängnis zu betrachten und zu beobachten der Grund, weshalb Kunst und Literatur schon immer eine Affinität für das Sujet des Gefängnisses und des Gefangenen hatten. Sie haben Bilder von ikonenhaften Gefangenen geschaffen. Es sind solche Archetypen, die viele Menschen außerhalb des Strafvollzugs im Kopf haben, wenn sie über das Thema nachdenken und die im Unbewussten ihre Vorstellungs- und Handlungsmuster und ihren Zugang zu diesem Thema prägen.

Von Anfang an war es das gemeinsame Ziel, die entstandenen Arbeiten im Beisein der (ehemaligen) Gefangenen einer größeren Öffentlichkeit im Rahmen von Ausstellungen zu präsentieren. Sie sollen neue Bilder und Gedanken davon vermitteln, in welchem Spannungsfeld sich nicht nur Gefangene, sondern mit ihnen das gesamte System des Strafens und des Strafvollzugs innerhalb der Gesellschaft bewegt.

Der Zwerg in mir

Das deutsche Märchen von Schneewittchen und den sieben Zwergen bot auf gemeinsamen Wunsch der acht mitwirkenden Gefangenen den Hintergrund für die künstlerische und kunsttherapeutische Reflexion. Dabei sollte der eigene innere Zwerg im Kontrast zu den herrschenden Klischee-Bildern über Gefangene Mittelpunkt der Betrachtungen sein. Bilder vom inneren Zwerg, der den Einzelnen zu den dunklen Punkten seiner Vita führt. Und Bilder vom inneren Zwerg in jedem von uns, der keine andere Antwort auf diese dunklen Punkte hat, als zu strafen.

Ausleihe der Ausstellung

Die Ausstellung umfasst 16 Stoffbanner in einer Größe von je 170 × 60 cm. Weiterdenken verfügt über ein Stellsystem aus Holzrahmen in der Größe von 73 × 181 cm, in das die Banner gehängt werden können. Es wird keine Ausleihgebühr erhoben, die Kooperationspartner*innen müssen aber selbst für Transport sowie Auf- und Abbau sorgen und die Ausstellung versichern, damit beschädigte oder verlorene Bestandteile ergänzt werden können.

Zur Ausstellung ist ein Begleitheft mit erläuternden und weiterführenden Texten erschienen

Begleitheft zur Ausstellung

Anfragen: bitte an info@weiterdenken.de

Ansprechpartnerin: Anne Klopfer

Fotografien: Veikko Kähkönen, Holger S., Peter G., Petrick B., Maik T., Alexander B., Christopher M., Marko B.

Autor*innen: Mathias Weilandt, Katja Meier, Ramona Sonntag, Veikko Kähkönen, Emma Eskola

Wir danken Ramona Sonntag, Nadja Rockosch und den Mitarbeiter*innen der Suchttherapiestation der JVA Zeithain für ihren unablässigen Einsatz für dieses Projekt, von der Idee bis zur Ausstellung.