Aufbrüche der Zivilgesellschaft - Wege, Positionen und Wirkungen der DDR-Bürgerbewegungen 1987 – 2014

Welche Implikationen hat die Friedliche Revolution in der DDR für das zivilgesellschaftliche Projekt im 21. Jahrhundert? Dies war eine der Fragen im Zentrum der Diskussion von Geschichts- und Politikwissenschaftler_innen, früheren und aktiven Bürgerrechtler_innen, Politiker_innen  und Netzaktivist_innen am 11. und 12. September 2014 in Dresden.

Das Tagungsprogramm war inspiriert vom Denken und Handeln Wolfgang Ullmanns. Sein politisches und gesellschaftliches Engagement als Bürgerrechtler in der DDR und später in der Friedlichen Revolution war bereits lange Jahre vor dem Mauerfall mit der Perspektive einer Zivilgesellschaft im gemeinsamen europäischen Haus verknüpft.  Als Abgeordneter in Bundestag und Europaparlament verstand er die evolutionäre Weiterentwicklung der repräsentativen Demokratie und die Stärkung der Zivilgesellschaft in der Bundesrepublik und in Europa als Erbe und Auftrag der Revolution. Daran anknüpfend stellte die Tagung den Begriff der „Zivilgesellschaft“ ins Zentrum und diskutierte in einem ersten Schritt, inwieweit Genese und Aktivitäten der Bürgerbewegungen in der DDR in der Auseinandersetzung mit der SED-Herrschaft sowie deren erfolgreicher Sturz in der Friedlichen Revolution produktiv als zivilgesellschaftlicher Aufbruch zu interpretieren sind.  Ein Abendvortrag stellte die Revolution in der DDR in den europäischen Zusammenhang und kontextualisierte sie in den Aufstandsbewegungen Ostmitteleuropas von den frühen fünfziger Jahren bis zur Ukrainekrise. Nach einem Blick auf die Annäherung bzw. die Abgrenzung von Teilen der Bürgerbewegungen an das parlamentarische System der Bundesrepublik in den 1990er Jahren und auf das Reformpotenzial bürgerrechtlicher Reformprojekte für gegenwärtige Problemlagen fokussierte die Tagung auf die Zivilgesellschaft in der Digitalen Revolution. Diskutiert wurden sowohl die aktuell zunehmenden Restriktionen bürgerschaftlichen Engagements, die – z.B. Stichwort: Big Data – die Grundlagen von Zivilgesellschaft aufzubrechen scheinen, als auch die Chancen, die ihr beispielsweise mit Verfügbarkeit und Verbreitbarkeit von Informationen und mit neuen Vernetzungsmöglichkeiten zuwachsen.

Wir dokumentieren den thematischen Spannungsbogen der Konferenz mit Audiofiles von fünf Vorträgen:

Zivilgesellschaftliche Kristallisationskerne in der Diktatur? Die Formierung der Bürgerbewegung in der DDR 1987 – 1989

Sebastian Richter M.A.

 

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Zivilgesellschaft bei der Arbeit? Die Bürgerbewegung in der Friedlichen Revolution 1989/1990

Stephan Bickhardt

 

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Zivilgesellschaft in der Digitalen Welt

Prof. Dr. Dr. Hansjürgen Garstka

 

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Anke Domscheit-Berg

 

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Die ostmitteleuropäische Revolution von 1989 aus deutscher und polnischer Sicht

Adam Krzemiński

 

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In den Diskussionen herrschte Konsens darüber, dass es keineswegs einen zwingenden Konnex zwischen 1989 und dem Umgang mit den aktuellen Krisensymptomen im Verhältnis von Gesellschaft, Politik und Ökonomie gebe; die Stärkung von Zivilgesellschaft könne als Projekt durchaus ohne implizite oder direkte Bezugnahme auf Bürgerbewegungen und Friedliche Revolution betrieben werden. Aber – und das wurde auch und besonders von Jüngeren, die 1989 nicht bewusst miterlebt haben, betont – der erfolgreiche Sturz der SED-Diktatur durch Bürgerbewegungen und Massenprotest sei geradezu ein Musterbeispiel für bürgerschaftliches  Empowerment und damit ein ermutigendes Zeichen für das Potenzial von Zivilgesellschaft selbst gegenüber scheinbar unverrückbar zementierten Machtverhältnissen.

 

Die Konferenz wurde von Weiterdenken - Heinrich-Böll-Stiftung Sachsen und der Heinrich-Böll-Stiftung in Kooperation mit der Robert Havemann Gesellschaft e.V. – Archiv der DDR-Opposition organisiert; sie wurde maßgeblich gefördert von der Bundesstiftung Aufarbeitung und unterstützt vom Bundesbeauftragten für die Stasiunterlagen. Das Dresdner Stadtmuseum stellte für die Tagung seinen Festsaal zur Verfügung.