In Plauen im Vogtland fanden zum Jahreswechsel 2017/2018 zwei schwere Brandstiftungen statt. Im folgenden Dossier stellen wir eigene und gesammelte Materialien zur Verfügung.
In Plauen im Vogtland fanden zum Jahreswechsel 2017/2018 zwei schwere Brandstiftungen statt. Am 29.12.2017 brannte ein Haus in der Trockentalstraße. Zwei Jugendliche, die gerade die Straße entlang fuhren, hielten an und halfen den Hausbewohner*innen aus dem brennenden Haus. In dem Haus wohnten mehrheitlich Familien der Minderheit der Roma aus der Slowakei. 19 Personen wurden bei dem Brandanschlag verletzt. Zwei Frauen und ein fünf Jahre altes Kind erlitten so schwere Verbrennungen, dass sie in Lebensgefahr schwebten und auf der Intensivstation versorgt werden mussten. Es handelt sich um den Straftatbestand der besonders schweren Brandstiftung und des versuchten Mordes in einer Vielzahl von Fällen.
Anwohner*innen skandierten „Sieg Heil“, „lasst sie brennen“ und attackierten Einsatzkräfte. Das Verfahren wegen der schweren Brandstiftung und des versuchten Mordes ist trotz deutlicher Hinweise (Neher) und trotz des nicht auszuschließenden rassistischen Motivs 2018 eingestellt worden. 500€ zahlte ein Anwohner für das Skandieren rassistischer Parolen, außerdem wurde sein Sohn, der auch mitbrüllte, zu einem Aufsatz zum Thema Ausländerfeindlichkeit bei nichtkriminellen Migranten „verurteilt“.
Am 5. Februar 2018 fand ein weiterer Brandanschlag auf ein Haus in der Dürerstraße in Plauen statt. Und wieder traf es die Familien aus der Slowakei, die dort nach dem ersten Brand untergebracht worden waren. Zwei Punker*innen kamen bei diesem schrecklichen Brand ums Leben. Inzwischen hat das Landgericht Zwickau einen Tatverdächtigen wegen schwerer Brandstiftung und zweifachen Mordes zu einer lebenslangen Haft verurteilt.
In Plauen ist jedoch mehr unaufgeklärt geblieben als aufgeklärt worden. Die Situation der Familien, die der Minderheit der Roma angehören und aus der Slowakei migriert sind, ist weiterhin sehr prekär. Unaufgeklärte Gewaltverbrechen hinterlassen bei Opfern und Angehörigen Angst und Unsicherheit. Unser Respekt gilt den Menschen, die ihren Alltag nach diesen schrecklichen Verbrechen trotz ihrer Traumata weiterhin versuchen aufrecht zu erhalten, außerdem den Freund*innen und Angehörigen der Ermordeten.
Die beiden Brände und ihre symptomatisch sächsische Bearbeitung hinterlassen ein Gefühl der Ohnmacht. Eine abschließende Beurteilung ist aufgrund mangelnder Ermittlung der Polizei und Justiz leider nicht möglich. Die Nichtaufklärung zeugt von einer Gleichgültigkeit angesichts eines der schwersten Gewaltverbrechen der letzten Jahre in dieser Region.
Im folgenden Dossier stellen wir Materialien zur Verfügung. Wir veröffentlichen hier alle von uns eingeholten und gesammelten Informationen. Es vereint unterschiedliche Stimmen und Professionen zu den Brandstiftungen, bietet jedoch keine umfassende Aufklärung. Die fehlenden Fakten, die Angst frei zu sprechen, die Gleichgültigkeit der lokalen Öffentlichkeit und der fehlende Ermittlungswille werden zu einem Zeugnis und sagen viel über die politische Kultur in Plauen/Vogtland 2017-2019 aus.
Interviews von Radio RomaRespekt
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Interview mit Nils und Gustav, zwei Antifaschisten aus Plauen als PDF
Pressemitteilungen der SELBSTVERTRETUNGEN:
Offener Brief an den Vogtlandkreis und die Stadt Plauen zum Brand
30. Dezember 2017 von Romano Sumnal e.V.
https://www.romano-sumnal.com/
Zentralrat Deutscher Sinti und Roma fordert Aufklärung der Wohnhausbrände in Plauen
7. Februar 2018 vom Zentralrat Deutscher Sinti und Roma
https://zentralrat.sintiundroma.de/zentralrat-deutscher-sinti-und-roma-fordert-aufklaerung-der-wohnhausbraende-in-plauen-moeglicher-rassistischer-hintergrund-der-brandanschlaege-muss-aufgeklaert-werden/
GUTE Artikel:
Problembewusstsein Fehlanzeige
Claudia Krieg, 20. Februar 2018, ak - analyse & kritik - zeitung für linke Debatte und Praxis / Nr. 635
https://www.akweb.de/ak_s/ak635/43.htm
Es brennt in Plauen, Roma in Sachsen
Sarah Ulrich, 11. September 2018, taz
http://www.taz.de/!5531184/
Über ihre Recherche zu den Bränden in Plauen und der rechtsextremen Verbindungen des mutmaßlichen Brandstifters hat detektor.fm-Moderatorin Doris Hellpoldt mit Journalistin Sarah Ulrich gesprochen
14. September 2018, detektor.fm
https://detektor.fm/gesellschaft/taz-recherche-hausbraende-plauen
Interview und Einschätzung zu Plauen: Neoliberale Stadt und rechte Hegemonie?
Das Beispiel Plauen
sub\urban. zeitschrift für kritische stadtforschung, 2019, Band 7, Heft 1/2
https://zeitschrift-suburban.de/sys/index.php/suburban/article/view/474
Interview mit agv – antifaschistische Gruppen des Vogtlands
critique’n’act, 15. Mai 2018
http://critiquenact.blogsport.eu/2018/05/15/sich-nicht-daran-gewoehnen-wenn-nachbarschaften-verbrennen-lassen/
Brandanschläge auf Roma-Familien und kaum jemanden interessiert
Kira Ayyadi, 17. Januar 2018
https://www.belltower.news/brandanschlaege-auf-roma-familien-in-plauen-und-kaum-jemanden-interessiert-es-46692/
Brandanschlag auf Rom_nja – Solidarität mit den Opfern in der Trockentalstraße in Plauen!
gruppe polar, 22. Dezember 2018
https://gruppe-polar.org/2018/12/22/brandanschlag-auf-rom_nja-solidaritaet-mit-den-opfern-in-der-trockentalstrasse-in-plauen/#more-882
Urteil: Neonazi muss Aufsatz schreiben
roma-service, 2. Januar 2019
http://www.roma-service.at/dromablog/?p=47246
LOKALES:
Tödliche Brandstiftung in Plauen: Auftakt im Mordprozess, 12. September 2018
https://www.mdr.de/sachsen/chemnitz/zwickau/mordprozess-landgericht-zwickau-brand-100.html
Brand in Plauen: Geht Streit Brandstiftung voraus?, 18. September 2018
http://vogtland-anzeiger.de/Vogtland_Anzeiger/cms-nachrichten/plauen/brand-in-plauen-geht-streit-brandstiftung-voraus3f.html
Anklage fordert Lebenslang wegen Brandstiftung in Plauen, 22. November 2018
https://www.mdr.de/sachsen/chemnitz/vogtland/brand-plauen-staatsanwaltschaft-fordert-lebenslaenglich-100.html
Nach ausländerfeindlichen Rufen: Gericht lässt Neonazi einen Aufsatz schreiben, 21. Dezember 2018
https://www.freiepresse.de/vogtland/plauen/nach-auslaenderfeindlichen-rufen-gericht-laesst-neonazi-einen-aufsatz-schreiben-artikel10401953