KI-Innovation im Kampf gegen Covid-19 als Wegbereiter für Maßnahmen gegen den Klimawandel

Kommentar

Die Covid-19-Pandemie hat weltweit zu drastischen Maßnahmen geführt, um die Ausbreitung des Virus einzudämmen. Fachleute aus unterschiedlichen Bereichen haben die Herausforderung angenommen und neue Technologien wie künstliche Intelligenz (KI) eingesetzt. Eine ähnliche Dynamik und vergleichbare Koordination könnten auch die Bemühungen im ebenso schwierigen Kampf gegen den Klimawandel beflügeln.

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Die Covid-19-Pandemie hat vielfältige Auswirkungen auf die Umwelt und den Klimawandel. Auf der einen Seite sind durch weniger Reisen und Verbraucher- und Industriekonsum die Schadstoffemissionen und Umweltverschmutzung gesunken. Auf der anderen Seite wurden mühsam errungene politische Siege aus der Zeit vor dem Ausbruch des Virus, wie z. B. Maßnahmen zum Schutz des Amazonasgebiets und die Etablierung des Emissionshandels auf Eis gelegt. Diese Zeit war auch schwierig für Umweltkommunikation und -initiativen, da die Menschen dem Klimawandel weniger Aufmerksamkeit widmeten.

Dennoch besteht Hoffnung für die Umwelt: Die Schnelligkeit und Reaktionsfähigkeit der während der Pandemie ergriffenen Maßnahmen und Innovationen beweisen, dass es möglich ist, angesichts der tödlichen Bedrohungen durch den Klimawandel dringend und entschlossen zu handeln, wenn dieser als ebenso große und dringende Bedrohung für die Menschheit wahrgenommen werden würde wie die Covid-19-Pandemie.

KI-Ansätze stellen eine Verbindung zwischen Covid-19 und dem Klimawandel her

Ein neuer Artikel, den ich mit verfasst habe und der davon handelt, wie KI im Kampf gegen Covid-19 eingesetzt wird, unterstreicht, wie wichtig es ist, eine Vielzahl von Projekten und Initiativen auf verschiedenen Ebenen – von Atomen bis hin zu Gesellschaften – zu verfolgen, um eine Pandemie zu bekämpfen, die wirklich größer ist als wir alle. Wir haben die Bedeutung des Datenaustauschs und der Förderung von Projekten hervorgehoben, die von multidisziplinären, internationalen Teams geleitet werden, um fundamentale Erfolge zu erzielen und, was am wichtigsten ist, den Einsatz weltweit in Gemeinden vor Ort zu erreichen. Tatsächlich sehen wir, dass sich der Kampf gegen die Pandemie und der Kampf gegen den Klimawandel auf vielen Gebieten gleichen. Nicht nur, weil in beiden Fällen eine Bedrohung für die Zukunft der Menschheit und für unsere Lebensweise zu sehen ist, sondern auch, weil beide eine Vielzahl kleiner Lösungen erfordern, die weltweit eingesetzt werden und alle, von Einzelpersonen bis hin zu Unternehmen und Regierungen, mobilisieren. Und beide können von Methoden der künstlichen Intelligenz an verschiedenen Stellen des Prozesses profitieren, in unterschiedlichen Maßstäben und mit unterschiedlichen Ansätzen, die zusammen etwas bewirken können.

Um sowohl dem neuartigen Coronavirus als auch dem Klimawandel zu begegnen, müssen von Grund auf viele wichtige Herausforderungen auf mikroskopisch kleiner Ebene bewältigt werden. Im ersten Fall geht es um die Entwicklung von Molekülen für Impfstoffe und antivirale Medikamente, die helfen können, das Virus zu neutralisieren; im zweiten Fall betrifft dies die Entwicklung neuer Materialien für Batterien, Systeme zur Kohlenstoffbindung und klimafreundliche Chemikalien. Interessanterweise können in beiden Fällen ähnliche KI-Techniken eingesetzt werden. Die KI ist besonders gut darin, große Bereiche von Molekülen und Materialien zu durchsuchen, um zu empfehlen, welche am ehesten Erfolg versprechen, und dabei Techniken wie Graph-neuronale Netze, aktives Lernen und Bayes'sche Optimierung einzusetzen, um aus bereits bestehenden Experimenten zu lernen und neue Kandidaten vorzuschlagen. Auf diese Weise lässt sich der Zeit- und Kostenaufwand für die Entwicklung und Bereitstellung neuer Impfstoffe und Materialien sowie für die Erforschung neuer, innovativer Lösungen unter Anleitung der KI verringern.

Bilder spielen eine entscheidende Rolle

Betrachtet man die Art der Daten, die die KI bei beiden Problemen verwenden kann, etwas genauer, wird deutlich, dass Bilder bei beiden eine entscheidende Rolle spielen können. In der Tat war die Bildverarbeitung im Kampf gegen die Pandemie von größter Bedeutung, sei es bei der Identifizierung von Risikopatienten anhand von Röntgenaufnahmen ihrer Lungen oder ihrer Temperatur oder bei der Zuweisung von Klinikressourcen auf Grundlage klinischer Daten, die in Echtzeit aktualisiert und grafisch dargestellt werden. Bilder spielen auch eine zentrale Rolle bei der Bekämpfung des Klimawandels, da ein Großteil der verfügbaren Daten über den Zustand des Planeten aus der Erdbeobachtung stammt, bei der die Erde mit Hilfe von Satelliten oder Flugzeugen gescannt wird, um Informationen zu sammeln, seien es Bilder oder Radarmessungen.

Diese Bandbreite an Informationen bietet endlose Möglichkeiten, um KI einzusetzen – z. B. um Methanlecks aufzuspüren, Veränderungen in Ökosystemen zu überwachen und die biologische Vielfalt zu verfolgen und sogar die Wahrscheinlichkeit von Naturkatastrophen wie Überschwemmungen und Stürmen zu prognostizieren. Darüber hinaus sind solche KI-Modelle sprach- und länderunabhängig, so dass sie weltweit gemeinsam genutzt werden können, um den Wissenstransfer zu ermöglichen und globalen Akteuren die Möglichkeit zu geben, lokale Daten zu analysieren.

Zu guter Letzt weisen sowohl Covid-19 als auch der Klimawandel viele Ähnlichkeiten in Bezug auf die globalen Auswirkungen auf. Da sowohl die Pandemie als auch die globale Erwärmung ein Novum darstellen und die beteiligten Systeme sehr komplex sind, ist die künstliche Intelligenz ein Schlüsselinstrument für die Modellierung und Vorhersage der Auswirkungen dieser beiden Phänomene. Die Modellierung der Ausbreitung des Coronavirus mit Hilfe der KI erfordert die Nutzung verschiedener Datenquellen: Angefangen von Beiträgen in sozialen Medien und Internetrecherchen bis hin zu den von der WHO und nationalen Agenturen veröffentlichten Zahlen der infizierten Personen. Die Modellrechnung für das Ausmaß des Klimawandels und die Vorhersage seiner künftigen Auswirkungen umfasst auch eine Vielzahl von Datenquellen, die von statistischen Modellen zur Darstellung der Wolkenphysik und zur Verbesserung der Wettervorhersagen bis hin zu Tonaufnahmen von Vogelstimmen zur Verfolgung der biologischen Vielfalt reichen.

Wenn ausreichend Daten vorliegen, können die Techniken der künstlichen Intelligenz Regierungen dabei helfen, zum richtigen Zeitpunkt die richtigen Entscheidungen zu treffen. Denn die Kombination von Daten und wissensbasierten Modellrechnungen ermöglicht eine verbesserte Einschätzung der zukünftigen Folgen des gegenwärtigen Handelns. Dies gilt sowohl für das Ausmaß, in dem Schulschließungen und soziale Distanzierung die Ausbreitung des Virus eindämmen werden, als auch für die Auswirkungen, die die globale Erwärmung auf das Abschmelzen der Polkappen und den Anstieg des Meeresspiegels haben wird.

Leider ist nicht alles rosig, wenn es um den Einsatz von Techniken wie der künstlichen Intelligenz bei komplexen, globalen Bemühungen wie der Pandemie und dem Klimawandel geht. Tatsächlich sind die Herausforderungen in beiden Fällen ähnlich. Beispielsweise ist es für Forscher/innen auf dem Gebiet der künstlichen Intelligenz von entscheidender Bedeutung, mit Expert/innen auf dem Anwendungsgebiet, für das sie tätig werden wollen, zusammenzuarbeiten. Bei Maßnahmen auf atomarer Ebene kann dies zum Beispiel bedeuten, mit Chemiker/innen und Biolog/innen zusammenzuarbeiten, die nicht nur über das erforderliche Fachwissen verfügen, sondern auch Zugang zu einer Infrastruktur haben, die potenzielle Moleküle und Materialien synthetisieren und bewerten kann. Diese Art der Zusammenarbeit ist nicht immer einfach, denn sie erfordert von allen Beteiligten, dass sie neue Konzepte und andere Sichtweisen auf bekannte Phänomene erlernen, ihre Komfortzone verlassen und ihren Horizont und die Art erweitern, in der sie ihre Arbeit tun.

Übertragung von Neuerungen in reale Anwendungen

Über die Grundlagenforschung hinaus gibt es auch viele Schwierigkeiten bei der Umsetzung fundamentaler Erkenntnisse in praktische Anwendungen. Dies kann nur durch den Aufbau sinnvoller Partnerschaften zwischen dem öffentlichen und dem privaten Sektor sowie zwischen Forscher/innen und Unternehmer/innen oder gemeinnützigen Organisationen gewährleistet werden. Nur so können grundlegende Lösungen aus wissenschaftlichen Fachzeitschriften in die Praxis umgesetzt werden. Dies ist an und für sich schon eine Herausforderung, da es die Berücksichtigung rechtlicher und praktischer Aspekte bei der Umsetzung sowie finanzieller Zwänge und der Unübersichtlichkeit von Daten und Anwendungen aus der realen Welt erfordert.

Auch KI-Techniken sind nur so gut wie die damit analysierten Daten. Daher bleibt der Schlüssel zur Entwicklung realistischer Modelle, die die kollektive Entscheidungsfindung leiten, das Erfassen qualitativ hochwertiger Daten auf verschiedenen Ebenen und die Berücksichtigung der Vielzahl potenziell relevanter Faktoren, die dabei eine Rolle spielen.

Die Welt befindet sich derzeit in einer Krisenphase, und das bietet auch Chancen. Regierungen pumpen Billionen von Dollars in die Weltwirtschaft, um die Wirtschaftsaktivitäten am Laufen zu halten und dieses Kapital bietet die Chance, die CO2-Konzentration unserer Wirtschaft im nächsten Jahrzehnt zu bestimmen. Dadurch bietet sich die Möglichkeit, dieses Geld in mehrdimensionale technologische Lösungen zu investieren, die die Gesundheit, Energieeffizienz, städtische Infrastruktur und Nachhaltigkeit verbessern werden. Die künstliche Intelligenz ist ein Kernstück dieses Puzzles, und eine Voraussetzung für eine globale Strategie zum Aufbau einer widerstandsfähigen, nachhaltigen Zukunft.

Viele offene Fragen bleiben noch unbeantwortet, von der Quantifizierung und Reduzierung der CO2-Bilanz groß angelegter KI-Modelle bis hin zur Integration von Gerechtigkeits- und Ethiküberlegungen in die Entwicklung von KI-Algorithmen. Aber diese Fragen gewinnen an Dynamik und werden in der KI-Forschung und -Praxis immer wichtiger.

Die Bewältigung des Klimawandels erfordert rasche, nachhaltige und wissenschaftlich fundierte Anstrengungen, die eine Vielzahl von Interessengruppen einbezieht. Sowohl die Covid-19-Pandemie als auch der Klimawandel stellen ähnliche globale Herausforderungen dar, die über Grenzen und Kontinente hinweg auftreten und gleichzeitig den Wert von globalem Wohlergehen und Partnerschaft in den Vordergrund stellen. Und Bemühungen, beide in Angriff zu nehmen, können von vergleichbaren KI-Ansätzen profitieren, um umsetzbare und sinnvolle Lösungen zu entwickeln.

Die künstliche Intelligenz hat endlich das Forschungslabor verlassen und wird in der Praxis eingesetzt, um eine positive Wirkung zu entfalten. Während Covid-19 zweifellos die unmittelbarste globale Bedrohung darstellt, verlangsamt sich der Klimawandel nicht, sondern gewinnt einfach an Fahrt, während unsere Aufmerksamkeit anderswo liegt. Es gibt Hunderte potenzieller KI-Ansätze für den Klimawandel, die auf allen Ebenen der Gesellschaft genutzt werden können, um eine nachhaltige Zukunft nach Covid zu ermöglichen. Es liegt an uns als Individuen und als Gesellschaft, sie Wirklichkeit werden zu lassen.


Dieser Artikel erschien ursprünglich auf Englisch als Teil der Tech and Covid-Serie.