MigrantInnen in Dresden und ihr 1989

Lesedauer: 4 Minuten

Wenn die Geschichte der Friedlichen Revolution 1989 diskutiert, erforscht und gelehrt wird, können wir inzwischen auf zahlreiche Sammlungen biographischer Erzählungen zurückgreifen und uns informieren, wer diese Zeit wie und wo erlebte. Bisher stehen dafür aber fast ausschließlich deutsch-deutsche Geschichten zu Verfügung. Die Tatsache, dass 1989 etwa 190.000 MigrantInnen in der DDR wohnten, dort ebenso die Umbrüche erlebten und zum Teil auch mitgestalteten, bleibt ein blinder Fleck in der aktuellen Geschichtsschreibung. Das Jahr 1989 hat auch das Leben dieser DDR-BürgerInnen verändert, häufig sogar dramatisch. Die Wende brachte zumeist den Verlust der Arbeitsstelle und vor allem des gesicherten Aufenthaltsstatus mit sich. So gerieten viele MigrantInnen in existentielle Nöte und waren gezwungen, ihr Leben in kürzester Zeit neu zu gestalten. Von diesen Wegen durch die Wendejahre in das vereinte Deutschland, von ihren Entscheidungen und heutigen Perspektiven erzählen die hier zu lesenden Interviews.

Diese Interviews sind im Rahmen einer Kooperation von Weiterdenken und der Landesarbeitsgemeinschaft politisch-kulturelle Bildung Sachsen e.V. (LAG PokuBi) entstanden. Durchgeführt wurden sie im Laufe des Jahres 2010 von Mitgliedern der Empowerment-Gruppe der LAG PokuBi. In diesem Projekt interviewten DresdnerInnen mit Migrationshintergrund von ihnen ausgesuchte DresdnerInnen, die über verschiedene Wege in die DDR immigriert waren und sich in der Wendezeit für ein Leben im vereinten Deutschland entschieden haben.

Wir bedanken uns bei allen Interview-PartnerInnen und hoffen, dass zukünftig auch ihre Geschichten in den Erzählkanon über die Wende 1989 Eingang finden.

 

Interview mit Frau und Herrn Hermann

Frau Hermann und Herr Hermann kamen im September 1989 als deutsche Aussiedler aus Usbekistan in die DDR. Sie arbeiteten in verschiedenen Betrieben und Berufen und leben heute in Dresden.

Interviewerin: Anna Nikolenko

Wie sind Sie in die DDR gekommen?

Frau Hermann: Ich bin nach Deutschland am 4. September 1989 aus Usbekistan mit meiner Familie eingereist. Wir haben drei Kinder, die sind mitgekommen. Zwei, sechs und zehn Jahre alt sind die Kinder damals gewesen. Der Grund, warum wir gekommen sind, war: Ich wollte immer, dass meine Kinder die deutsche Sprache nicht verlernen, die sie noch von ihren Omas gelernt haben, und die deutsche Kultur, die ich auch von den Großeltern und Eltern gelernt habe.

Das ganze Interview lesen Sie hier (pdf, 6 Seiten, 104 kb)

 

 

Interview mit Bashar Alwan

Herr Bashar Alwan ist gebürtiger Iraker, lebt seit seiner Einreise in die DDR 1986 in Dresden und hat im Jahr 2003 die deutsche Staatsbürgerschaft übernommen. Er ist diplomierter Ingenieur, Lehrkraft für herkunftssprachlichen Unterricht und arbeitet derzeit als Projektkoordinator im Start-Projekt, einem bundesweiten Projekt für Schüler/innen mit Migrationshintergrund. Herr Alwan ist verheiratet und hat zwei Kinder.

Interviewerin: Ariunaa Ishig

Wie war das Leben für Sie in der DDR?

Die DDR war für mich wie eine neue Welt. Beeindruckend waren für mich u.a. die Ordnung und die Sauberkeit. Ich kam als und war Oppositioneller gegen das damalige Saddam-Regime in Irak. Daher habe ich in der DDR trotz der fremden Kultur mehr Sicherheit gespürt als in meiner alten Heimat. Ich habe mich in der Zeit politisch aktiv als Mitglied einer irakischen studentischen Vereinigung engagiert. Wir haben Veranstaltungen und andere Aktivitäten gegen den Diktator und für Demokratie in Irak organisiert. Ich war dann bei diesen Veranstaltungen musikalisch aktiv.

Das komplette Interview lesen Sie hier (pdf-Datei, 4 Seiten, 76 kB)

 

Interview mit Frau Ngoa

Frau Ngoa kam als Werkvertragsarbeiterin aus Nordvietnam in die DDR. Sie arbeitet für den „Volkseigenen Betrieb“ Penatcon in Dresden. Sie ist heute 43 Jahre, betreibt einen kleinen Textilhandel lebt mit ihrem Mann und ihren drei Kindern weiterhin Dresden.

Interviewer: Victor Vincze

Wie war das Gefühl während der Wendezeit?

Es war alles auf einmal ungewiss und unsicher. Wir wussten nicht, ob die Sachen sich jetzt zum Positiven oder zum Negativen wenden. Wir hatten große Sorgen um die Zukunft. Mein Mann war da, und niemand konnte sagen, wie es mit Ostdeutschland weitergehen wird. Wir hatten auch Sorgen, ob man weiter arbeiten darf. Wir wussten wirklich nicht, wie es weitergehen würde.

 Das komplette Interview lesen Sie hier (pdf, 3 Seiten, 33 kb)