Internationale Parlaments - StipendiatInnen zu Gast in Dresden

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2010 hatte Weiterdenken bereits zum vierten Mal eine Gruppe des »Internationalen Parlaments-Stipendium« (IPS) zu Gast.

Über das vom Bundestag finanzierte Programm erhielten in diesem Jahr 114 junge HochschulabsolventInnen aus 27 Ländern Stipendien. (Zwei Drittel davon waren 2010 Frauen.) Das IPS-Programm dauert insgesamt fünf Monate und setzt sich aus Veranstaltungen, Seminaren und einem Praktikum bei einem/einer Abgeordneten des Deutschen Bundestages zusammen. Um das politische, wirtschaftliche und kulturelle Leben in der Bundesrepublik näher kennenzulernen, organisieren die politischen Stiftungen regelmäßig für die StipendiatInnen in verschiedenen Bundesländern mehrtägige Seminare.

So besuchten uns im März 21 StipendiatInnen in Dresden und waren während ihres viertägigen Aufenthalts im Gästehaus der deutsch-tschechischen Brücke/Most-Stiftung mit »Elbe-Blick« im Stadtteil Blasewitz untergebracht.

Das diesjährige Programm in Sachsen stand am Anfang des Stipendiums, die Teilnehmenden hatten gerade ihren ersten Monat im parlamentarischen Betrieb in Berlin hinter sich.

»Unsere« Gruppe war auch diesmal multinational, die StipendiatInnen kamen aus Armenien, Belarus, Bosnien und Herzegowina, Bulgarien, Estland, Frankreich, Israel, Kasachstan, Lettland, Mazedonien, Polen, Rumänien, Russland, Serbien, der Slowakischen Republik, der Tschechischen Republik, der Ukraine, Ungarn und den USA. Laut unserer vorab erhaltenen Liste mit »biographischen Angaben« -und auch nach unseren eigenen Erfahrungen aus den letzten Jahren- erwarteten wir Teilnehmende mit großen Plänen für ihre Zukunft: Die Mehrheit will sich für den diplomatischen Dienst ihrer Länder bewerben, strebt politische Ämter an oder möchte für internationale Organisationen arbeiten. Ganz im Sinne des Stipendienprogramms, das sich von den StipendiatInnen die Förderung der guten Verbindungen in das jeweilige Herkunftsland, d.h. heißt auch weiteren politischen und kulturellen Austausch erhofft.

Das Weiterdenken- Programm stand unter dem Titel »Zeitgeschichte und Demokratieentwicklung«. Also politische Themen, die in Sachsen, wie auch in den zum Teil ebenfalls jungen Demokratien der Herkunftsländer der StipendiatInnen, eine wichtige Rolle spielen.

Der erste Tag begann für die Teilnehmenden mit einer Stadtrally, bei der sie Dresden auf eigene Faust erkunden und kennenlernen konnten.

Im Laufe der folgenden Tage organisierten wir unter anderem Gespräche mit LandespolitikerInnen, besuchten Pirna und Bautzen und diskutierten mit ExpertInnen aus Initiativen, Museen, Gedenkstätten und der wissenschaftlichen Forschung.

Ein besonderer Fokus lag dabei auf der Auseinandersetzung mit Rassismus und rechten Strukturen in der Region. In einem Workshop gingen wir auf die entsprechende aktuelle Situation in Sachsen ein und beschäftigten uns mit den Ideologien der neuen Rechten und ihrer Verankerung im ländlichen Raum sowie in der Landes- und Kommunalpolitik.

Im Gespräch mit den Initiativen Aktion Zivilcourage und der regionalen RAA Beratungsstelle von Opfern rassistischer und rechtsextremer Gewalt diskutierten die StipendiatInnen Möglichkeiten des bürgerschaftlichen Engagements gegen rechts und die Mittel einer wehrhaften Demokratie. Einige Teilnehmende waren von der Vielfalt der zahlreichen Initiativen gegen rechts beeindruckt. In ihrer Heimat hatten die StipendiatInnen oft die Erfahrung gemacht, dass rechte Parteien und Strömungen nicht thematisiert oder überhaupt als Problem angesehen werden.

Manche StipendiatInnen sind selber in zivilgesellschaftlichen Organisationen in ihren Herkunftsländern aktiv und fanden durch die Seminare Anregungen für neue Formen und Inhalte der Arbeit gegen rechts.

Auch die unterschiedliche Aufarbeitung der kommunistischen Vergangenheit in den mittelosteuropäischen Herkunftsländern der StipendiatInnen wurde intensiv diskutiert. Besonders der Besuch der Gedenkstätte Bautzen als ehemalige Stasi-Haftanstalt und der anschließende Austausch mit MitarbeiterInnen der Gedenkstätte boten hierzu viele Anknüpfungspunkte.

Am letzten gemeinsamen Abend gab es »internationale« Musik und regionale Spezialitäten (beides selbstgemacht) und Zeit für viele nette Gespräche, dies- und jenseits politischer Themen.

Zum Abschluss besuchten wir noch das Max-Planck-Institut für Zellforschung. Das multinationale Unternehmen wurde 2009 in einer Umfrage des Magazins »The Scientist« zum besten Arbeitgeber weltweit gewählt-Grund genug, sich das Arbeitsumfeld des Instituts und seine internationale Ausrichtung genauer anzusehen.

Nach erlebnisreichen, diskussionsgefüllten und spannenden vier Tagen ging unser Programm zu Ende und die Gruppe fuhr zurück nach Berlin. Nach eigener Aussage haben sie viele interessante Eindrücke, neues Wissen und Anregungen für ihre individuellen politischen Aktivitäten mitgenommen.

Auch wir haben uns sehr über den Austausch mit den engagierten und offenen StipendiatInnen gefreut und in vielerlei Hinsicht davon profitiert. So hat uns das intensive Kennenlernen vieler unterschiedlicher, junger Perspektiven aus und auf Europa neue Impulse für unsere Arbeit gegeben und unser »Weiterdenken« beflügelt.

Laura Keller und Kathrin Bastet

 

 
 
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